J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten

des Hausherrn erbost hat. 1820 versahen Gentz, Friedrich Schlegel und Adam Müller Patenstelle bei der Taufe von Pilács Sohn Friedrich. Als Hübner 1834 Pilats jüngste Tochter heiratete, waren Bucholtz und Jarcke die Trauzeugen. Ersterer übte schon 1818 den vorteilhaftesten Einfluß auf das ganze Haus aus. Als Hurter 1839 zum erstenmal nach Wien kam, traf er in Gentzens ehemaligem Arbeitszimmer, in dem nun Jarcke saß, manchen Wochentag mit Pilat zusammen62B). Dieser empfahl Bucholtz für das deutsche Büro 627), lieh Hülsemanns Gesuchen seine Unterstützung oder entwarf sie sogar selbst und wenn ihn dieser auch zuweilen mit einem auf seinen (Pilats) Namen lautenden Wechselbrief überraschte, so hat sich dieser doch nach wie vor um Hülsemann, im besonderen um dessen Verwendung beim österreichischen Beobachter bemüht 628). Kam Adam Müller um Bezahlung außerordentlicher Dienstauslagen ein oder bewarb sich eine Konvertitenwitwe um Erhöhung ihrer Pension, dann entwarf Pilat den Vortrag an den Kaiser 629). Metternich war Pilat wenig gewogen, dessen religiöse Überspanntheit und „Kapuzinaden“ er ablehnte, ja fürchtete 63°). Von Friedrich Schlegel, dem Schützling des Pilatischen Hauses sowie des Staats- und Konferenzrates Hudelist, spannen sich Freundschaftsfäden zu dem Konvertiten Graf Friedrich Senfft-Pilsach, dem österreichischen Diplomaten, hinüber, den die Herzogin Julie von Anhalt- Coethen zu ihren Hausfreunden zählte 631). Auch Bucholtz brachte Fried­rich Schlegel Gesinnungen väterlicher Freundschaft entgegen 826 827 * * * * 832). Außer bei Pilat fanden sich die Wiener Konvertiten und deren Ge­sinnungsgenossen auch im Hause des bekannten Institutsdirektors Friedrich von Klinkowström, eines phantastischen Pommeraners, ein, der — selbst Konvertit — große Anziehungskraft auf alle Gleichgesinnten ausübte. Hier trafen sich die Hausfreunde Pilat, Adam Müller und Friedrich Schlegel und wenn sie sich zur Sommerszeit im Garten dem Kegeln widmeten, dann glaubte Pilat eine „kegelnde Kirche“ vor sich zu sehen 633). Im Klinkowströmschen Institute wirkte damals Adalbert Stifter als Hauslehrer. Die Liste der Zöglinge wies glänzende Namen auf. Die jüngeren Staatskanzleibeamten der Metternichzeit sind zum guten Teile aus diesem Institute hervorgegangen. Durch die Person des Jesuitenpaters Beckx, des Beichtvaters der Herzogin Julie von Anhalt-Coethen, der zu den Gästen des Klinkowströmschen Hauses gehörte, stand dieses auch mit dem dortigen Konvertitenkreise in Verbindung 634). Auch in Weinhaus, dem durch Gentzens Landsitz berühmt gewordenen Dorfe in Wiens Um­826) F. Engel-Jánosi I. c. 18; H. Finke 1. c. 120, 214; K. Varnhagen, Tagebücher Gentzens 259; Schlesier, Gentzens Schriften 1, 157; F. Hurter, Ausflug i, 270. 827) 20 V 28 Pilat an Mett. Interiora 85. 82S) 28 I 29 Vortrag Personalia 8 (Hülsemann); 28 XI 26 Hülsemann an Mett. Por­tugal 15; 36 VII 17 Pilat an Mett. Interiora 8j. °29) 27 XII 15 Vorträge 371; 32 I 5 1. c. 39J. 63°) K. Mendelssohn-Bartholdi 1. c., 195; F. Wittichen 1. c. 3/1, 391; H. v. Srbik 1. c. 1, 308. ®31) H. Finke 1. c. 336; B e i d t e 1 - H u b e r 1. c. 2, 397. 832) J. Körner, Briefe von und an A. W. Schlegel 1, 477. 633) J. Körner, Briefe von und an Fr. und D. Schlegel 243. ®34) A. Klinkowström, Fr. A. Klinkowström 315 ff., 378. 108

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