J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten
schiedensten Gegenstände — die Zillertaler Inklinanten, den Hermesianis- mus, die ungarischen Mischehen, die Kölner Dombauangelegenheit, den Pariser Universitätsstreit u. a. m. — erstreckt hat. Die Frage der gemischten Ehen hat ihn auch nach Rom geführt 619). Werbend nach außen hin haben sich Adam Müller und Josef Pilat betätigt. Auf Müllers Antrag, der von Leipzig aus Beziehungen zur Herzogin Julie von Anhalt-Coethen, einer Konvertitin — der „schrecklichen Heiligen“, wie sie die Fürstin Melanie nannte 62°) —, mehr noch zum Herzog selbst, einem Konvertiten gleich jener, unterhalten hat, setzte sich Metternich 1826 für eine Unterstützung der dort entstandenen katholischen Gemeinde — doch unter Ausschluß der Öffentlichkeit — ein, während Pilat die Verbindung mit der Herzoginwitwe bis in die Vierzigerjahre aufrechterhalten hat621). In die gleiche Richtung wiesen die Beziehungen zu Dr. Pfeilschifter, der um die Mitte der Zwanzigerjahre als Legationsrat in anhalt-coethenschen Diensten stand 622). Es ist bekanntlich zu wiederholten Malen gesagt worden, daß diesen Konversionen weltliche Zwecke — vor allem ein gesichertes Fortkommen im neuen Vaterlande Österreich — zugrundegelegen seien. Clemens von Klinkowström und noch entschiedener die österreichische Nationalenzyklopädie Gräffer-Czikanns haben dies in Abrede gestellt 623). Im allgemeinen gewiß mit Recht, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß manche Konversionen — etwa die Friedrich Schlegels drei Tage vor der Audienz bei Kaiser Franz — zu Mißdeutungen Anlaß geben konnten 624). Klarer liegen die Dinge bei Hülsemann, der im Oktober 1823 nach Wien kam, bald darauf konvertierte, sich schon im Sommer 1824 an Metternich um eine Anstellung wandte und diesem im nächsten Jahre deutlich zu verstehen gab, daß er sich mit seinen Verwandten überworfen habe und daß Wien der einzige Ort in Deutschland sei, wo er sich noch etwas erhoffen dürfe 62B). Unter den Mittelpunkten, um die sich die Konvertiten und ihre Gesinnungsgenossen scharten, ist neben Hofbauer auch Josef Pilat zu nennen, der mit Gentz und Friedrich Schlegel, mit Adam Müller, Bucholtz und Jarcke, mit Dóré und Hurter befreundet war und sich zu wiederholten Malen für Bucholtz, Hülsemann und Adam Müller verwendet hat. Seit 18 ii standen Pilat und Gentz in täglichem Umgänge. „Pilat müssen Sie wie mein Kind betrachten“, schrieb Gentz 1813 an Ráhel. 1818 erfreute sich Friedrich Schlegel der herzlichsten Freundschaft des Pilatischen Hauses, wenn er sich auch zuweilen über die Aufgeblasenheit und Ungeschliffenheit 619) 37 VI 10 Jarcke betr. die Zillertaler F 28 Fz. 2; 37 XII 26 Weisung nach Rom Rom, Miscell. 13; 39 VII 2 Jarcke an Mett. Rom, ecclesiastica secreta; 40 IX ff. Berichte Jarckes Rom 62; 42 V 9 Vorträge 435; 44 VII 21 Mett, an Jarcke Frankreich, Varia 131. ““J Aus Metternichs nachgel. Papieren 6, 17; D. Rosenthal, Konvertitenbilder i. 339 ff. ”21) 26 I 24 Vorträge 361; 43 IX 27 Auszug eines Schreibens aus Coethen Deutsche Akten 92 (alt). n vgi. s. 46. 623) C. Klinkowström, Aus der alten Registratur 176; österr. Nationalencyklop. i. 5 97,24) J. Hofer 1. c. 247; J. Körner, Briefe von und an A. W. Schlegel 2, 283. ,26) 25 XII 8 Hülsemann an Mett. Portugal Varia 6. 107