Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 5. Konzipisten der lateinischen Expedition
zufallen. Colloredo suchte seine Ernennung zu hintertreiben und machte geltend, daß Heffner nicht hinlänglich geschult sei, um im Bedarfsfälle das deutsche Referendariat zu versehen. Doch beharrte der Erzkanzler auf Heffner 60). Dieser bewährte sich zweifellos in seiner Position. Er verfaßte relativ viele Konzepte, besonders die Vorträge der Reichskanzlei aus dem letzten Jahrzehnt ihres Bestandes sind oft von ihm 61). 1789 erhielt er den Titel eines wirklichen kaiserlichen Rates, 1800 wirkte er unter dem Armeeminister Grafen Lehrbach als Direktor der Reichskriegskanzlei. Nachdem er schon 1796 Adjunktionsdekrete auf ein Reichshofratssekretariat erhalten hatte62), wurde er 1806 nach Hofmanns Tod lateinischer Reichshofratssekretär. Wenige Wochen vor der Auflösung der Kanzlei erhielt er noch am 27. Juni 1806 den Reichsritterstand59). Konzipisten der lateinischen Expedition1). Unter Rudolf II. fungierte bei der in Wien befindlichen Abteilung der Reichskanzlei seit 1602 Franz Johann Tharsia de Andreis als lateinischer Konzipist. Wir wissen, daß er mit Beginn des Jahres 1602 mit einem Jahresgehalt von 180 fl. angestellt wurde2), zunächst wohl nur als Kanzleischreiber, wenn er auch gleich Konzeptsarbeit geleistet haben wird. 1607 wird er ausdrücklich Konzipist genannt und war damals die einzige Arbeitskraft der Wiener Kanzlei für lateinische Stücke 3). Er trat dann in die Hofkanzlei des Königs Mathias über und wurde 1612 wieder in die Reichskanzlei rückübernommen, 1616 und 1617 arbeitete er als Konzipist, bereits hochbetagt, bei der damals in Wien hinterlassenen Kanzlei. Tharsia lebte, wie mehrfach betont wird, in sehr ärmlichen Verhältnissen und hatte das Unglück, im Bocskayschen Aufstand seine ganze Habe zu verlieren 4). Er starb am 4. Februar 1621 B). In den letzten Jahren scheint er kaum mehr tätig gewesen zu sein. Weit bedeutsamer als die Tätigkeit Tharsias war die Gerhard Zwe- t h e n s von Zweetensteg. Zwethen, der niederländischer Herkunft war, wurde am 1. Mai 1611 als lateinischer Schreiber in die Reichskanzlei aufgenommen 6). Er war zweifellos eine wohlqualifizierte Kraft und besaß auch den Vorzug einer sehr schönen und zierlichen Schrift. 1620 faßte der Erzkanzler die Ernennung Zwethens zum lateinischen Registrator an Stelle Hermanns von Questenberg ins Auge, während der Reichsvizekanzler ihn zum lateinischen Konzipisten zu ernennen empfahl, da er der beste Schreiber der lateinischen Expedition war7). Am 30. März 1623 wurde dann Zwethen 60) Mzer. R. K. 35, bes. 1782 Juni 29 Coli, an Erzkzl. 61) Vgl. R. K. Vorträge 8 c. 6S) R. K. Verf. A. 7. *) Hier werden nur jene Konzipisten behandelt, die nicht zu Sekretären aufgestiegen sind. 2) R. Taxbuch 1602. 3) Vgl. den Personalstand i. R. K. Verf. A. 34 b und oben S. 28. 4) R. K. Verf. A. 48: Ber. d. Taxators v. 1615 Febr. 25. 5) R. Taxbuch 1619/1620. 6) R. Taxbuch 1611. 7) R. K. Verf. A. 41 (Akt. Freisinger): 1620 Mai 6 u. Juni 8 Erzkzler. an R. V. Kzler., Mzer. R. K. 11: 1620 Mai 27 R. V. Kzler. an Erzkzler. 438