Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 3. Sekretäre der lateinischen Expedition
lichen Gesandten, vor allem mit Lisola, mit dem er eng befreundet war 1BS). Oft gebraucht ihn der Kaiser, um fremden Gesandten auf mündlichem Wege Eröffnungen zu machen 1B4) oder entsendet ihn als Protokollführer zu Konferenzen der Minister mit fremden Diplomaten15B). Walderode selbst bezeichnet sich in diesen Jahren einmal in einer Eingabe an den Kaiser etwas überschwenglich als „Direktor und Sekretär, Registrator und Expeditor“ der geheimen Konferenz 155a). Man sieht daraus jedesfalls, wie seine persönliche Stellung sich ganz unabhängig von der Reichskanzlei gestaltet hatte und wie hier Ansätze zu einer selbständigen Kanzlei der Konferenz sich entwickelten. Walderode fühlte sich auch ganz als Beamter des Kaisers und die Folge davon war, daß er auch mit dem Nachfolger des Grafen Kurz, dem Reichsvizekanzler Walderdorff, schlecht stand. Dieser nennt Walderode in einer Klage an den Erzkanzler über Walderodes Vetter Pipius in einer Weise, aus der deutlich auch die feindselige Stimmung gegen Walderode herauszulesen ist1B8). Unter Leopold erhielt Walderode, dem bereits 1661 das Palatinat und 1662 auch der Freiherrnstand verliehen worden war157), im Hinblick auf diese Standeserhöhung 1667 eine Stelle auf der Herrenbank des Reichshofrates 1B8). Sein Übertritt auf die Herrenbank machte eigentlich eine Änderung im Reichshofratssekretariat notwendig, das Walderode faktisch noch immer inne hatte und das mit einer Reidhs- hofratsstelle auf der Herrenbank für unvereinbar gehalten wurde. Seit der Entlassung des Reichshofratssekretärs Scheffer im Jahre 1658 war auch nominell kein neuer Reichshofratssekretär mehr bestellt worden. Walderode subskribierte und bezog sämtliche Einkünfte des Sekretariats, bediente sich aber seines Neffen Christoph Beuer von der Binnen als Helfer, den er schon 1658 in die Kanzlei gebracht hatte. Beuer war auch als Nachfolger Walderodes im geheimen Sekretariat ausersehen und wurde daher von ihm seit Beginn der Sechzigerjahre auch für politische Akten herangezogen. 1667 sollte nun, da man in Mainz auf eine Ordnung der nicht mehr haltbaren Verhältnisse im lateinischen Reichshofratssekretariat drängte, die Sache so geordnet werden, daß Beuer tatsächlich in die Funktionen des Sekretärs einrücken, er aber Walderode die Erträgnisse aus den Gratialexpeditionen auf Lebenszeit überlassen sollte. Beuer, der am 12. September 1667 vom Erzkanzler nun formell ernannt wurde, lohnte indessen seinem Oheim Walderode dessen Wohltaten schlecht. Schon 1668 kam es zwischen ihnen zu einem schweren Konflikt wegen der Einkünfte des Sekretariats 159). Beuer richtete Beschwerdeschriften an den Kaiser und an den Erzkanzler, der für ihn Partei nahm. Es erübrigt sich, auf die Einzelheiten dieses Streites hier einzugehen, der um so schärfer war, als beide Männer auf ihren Vorteil sehr bedacht, um nicht zu sagen geldgierig waren. Walderode verstand es jedenfalls mit Hilfe des Kaisers die Installa153) Pribram, Lisola 245 u. 251. 1M) Beispielsweise 1669 dem spanischen Gesandten Castelar, Pribram, Lisola 482. 156) Vgl. Font. rer. Austr. II/56, 193. 156*) R. K. Verf. A. 8: Undat. Eingabe v. 1668. 15e) Vgl. unten S. 459. 157) R. Reg. Leop. L, Bd. 2, 176. Den Herrenstand erhielt er am 5. Sept. 1662 aus der böhmischen Hofkanzlei, vgl. D o e r r, Der Adel d. böhm. Kronländer 146. 168) Am 26. Aug. 1667, vgl. R. K. Verf. A. 8. 169) Die Akten hierüber i. R. K. Verf. A. 8 u. 9 (Beuer). 423