Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

1691 sagte der Gesandte Heemskerck, daß bis vor seiner Ankunft das Schwergewicht der kaiserlichen Regierung bei Strattmann und Königsegg lag 304). Die Steigerung von Königseggs Ansehen am Hofe und die bedeutende Stellung, die er am Ende seines Lebens inne hatte, ist übrigens auch den Relationen der venezianischen Diplomaten deutlich zu ent­nehmen 305). Trotz seiner unbezweifeibaren Treue für Leopold bewies sich Königsegg aber auch dem Erzkanzler gegenüber als ein loyaler und pflichteifriger Verwalter seines Amtes, unermüdlich und zähe hat er für die Rechte des Erzkanzlers in der Reichskanzlei gekämpft 300). Bis 1680 blieb sein Verhältnis zu Mainz auch ungetrübt, doch in diesem Jahre wurde der Vizekanzler von den Reichstagsgesandten des Kurfürsten beschuldigt, daß er mit den Reichsexpeditionen nachlässig sei und diese sich sehr lange verzögerten, der Erzkanzler schloß sich diesen Klagen an. Königsegg antwortete dem Kurfürsten in sehr gereiztem Tone und der Kaiser trat in einem eigenen Handschreiben an den Kurfürsten für den Reichsvize­kanzler ein 307). Daß die Vorwürfe gegen Königsegg, soweit sie seine Person betrafen, ungerecht waren, erweist eine Durchsicht des Akten­materials aus seiner Zeit. Er hat zweifellos zu den fleißigsten Vizekanzlern gehört, wie auch die Berichte der Gesandten wiederholt seinen Fleiß und Eifer betonen, die nur durch die schwere Gichterkrankung, an der er in seinen späteren Lebensjahren litt, beeinträchtigt wurden 308). Für seine eifrige Tätigkeit in der Kanzleiverwaltung zeugen seine zahlreichen eigen­händigen Berichte an den Erzkanzler über die Personalia und sonstigen täglichen Sorgen der Kanzlei 309). Sehr angelegen ließ sich Königsegg die Revision der Konzepte sein. In den Konzepten der Instruktionen, die den Gesandten aus der Reichskanzlei mitgegeben wurden, sind ungezählte Korrekturen größeren und kleineren Umfanges von seiner Hand, aber auch die einzelnen Weisungen zeigen immer wieder seine Korrekturen 310). Hingegen sind vollständige Konzepte seiner Handschrift kaum zu finden. Die eigenhändigen Präsentationsvermerke auf den Gratialsachen zeigen, daß Königsegg auch diesem Gebiete seine Aufmerksamkeit zuwandte. Sehr oft findet sich hier auch sein Genehmigungsvermerk in der Form des „expediatur“ auf den Parteieingaben und Bittschriften. Wenn Königsegg dem Erzkanzler einmal klagte, daß ihm infolge der Arbeitslast kaum fünf bis sechs Stunden zum Schlafen übrig blieben 311), erscheint diese Klage, wenn man die Akten kennt, nicht unbegründet. 304) a.a. O.495: 1691 Nov. 13. 305) Vgl. Fontes rer. Austr. II/27, 215, 250, 317. 306) Vgl. die für seine Auffassung seiner Pflichten charakteristischen Worte oben S. 55. 307) Mzer. R. T. A. 254 u. Mzer. Korr. 89, wo unter 1680 Juli 10 das Schreiben Königs­eggs an den Erzkzler. liegt. Über die Sache spricht auch Hamei Bruynincx in seinem schon zitierten Bericht v. 18. Mai 1681 a. a. O. 251. 308) So spricht der Venetianer Girolamo Venier 1692 von Königseggs applicatione indefessa (Font, rer Austr. II/27, 317). Über seine Krankheit vgl. den Bericht Heemskercks v. 13. Nov. 1691 a.a. O.495. 309) Bes. Mzer. R. K. 25 a u. 25 b. 31°) Ich führe nur einige Beispiele aus R. K. Instruct. 1 an: 1672 Febr. 1 für Abt Otto v. Baintz, 1679 Okt. 16 f. Grf. Michael Althan, 1688 Okt. 6 f. Fhr. v. d. Beck, 1693 Juli 1 f. Phil. Wilh. Fhn. v. Boineburg; ferner Weisgen. nach Berlin 1 b; 1683 Jan. 7, nach Dresden 1 a: 1680 Okt. 13, Rom 98: 1690 Konzepte. 311) Mzer. R. K. 25 b: 1677 April 4. 344

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