Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

wieder den ihr gebührenden Platz großenteils zurückzugewinnen vermochte, wurde bereits geschildert 293). Die Gunst des Kaisers blieb ihm auch in diesen schweren Jahren erhalten, er wurde im Februar 1671 geheimer Rat 294) und als 1670 der Reichshofratspräsident öttingen gestorben war, wurde er vom Kaiser mit der Direktion des Reichshof rates betraut. Wenn zwischen Königsegg und Piocher auch die Stimmung zeitweilig eine gereizte war und wenn man sogar so weit ging, die Treue und Verläßlichkeit Königs- eggs anzuzweifeln 295), so scheint doch der Kaiser selbst ihm auch in diesen trüben Zeiten stets gut gesinnt gewesen zu sein. Seinem persönlichen Kredit war es wohl auch zuzuschreiben, wenn der päpstliche Nuntius Albizzi auch in den Jahren 1671 bis 1673, die einen Tiefstand des Einflusses der Reichskanzlei bedeuteten, immer wieder neben Hocher auch mit Königsegg konferierte 296). Der Reichsvizekanzler wurde ja auch in dieser Zeit in diplomatischen Missionen verwendet, so ging er im Oktober 1672 nach Bayern 297) und im Mai 1673 zum Kölner Kongreß, wo Schweden den Frieden mit Frankreich vermitteln wollte, und im August des gleichen Jahres nach München 298). Mit dem Jahre 1675 hatte Königsegg sich und seiner Kanzlei wieder einen ausschlaggebenden Posten am Hofe Leopolds erkämpft, am 19. Januar 1676 schreibt Albizzi, daß der Reichsvizekanzler, der beim Kaiser sehr beliebt sei, demnächst zu den Geheimkonferenzen zugelassen werde und daß dessen Amt es notwendig mache, stets an seine guten Dienste zu appellieren 2"). Sehr deutlich zeigt sich, wie Königseggs Einfluß seit 1675 in fortgesetztem Steigen ist, wenn man die kürzlich veröffentlichten niederländischen Gesandtschaftsberichte dieser Jahre, die auch sonst manch Interessantes über die Wiener Politik und den Wiener Hof bringen, daraufhin durchsieht 30°). Während der Gesandte der Generalstaaten bis 1676 fast nur mit Hocher zu tun hat, verhandelt er seither immer mit beiden Kanzlern 301). Auch in der Instruktion, die 1679 der französische Gesandte Marquis de Vitry für seine Mission nach Wien erhielt, wird Königsegg neben Hocher, Schwarzenberg und Montecuccoli als einer der maßgebenden Minister genannt301 a). 1681 nennt der Ge­sandte Hamei Bruynincx Königsegg unter den ersten Ratgebern Leopolds, sogar vor Hocher, dessen Einfluß damals im Schwinden war 302 * *). Im Laufe der Achtzigerjahre war dann Königsegg neben dem Nachfolger Hochers Strattmann der für viele Verhandlungen maßgebende Minister, bei ihm werden meist die Konferenzen der alliierten Minister abgehalten 30S). Noch 293) Vgl. oben S. 55 f. 294) Font. rer. Austr. II/57, 145. 295) Vgl. Histor. Vierteljahrschr. 1924, 300 f. 296) Vgl. die von Levinson hg. Nuntiaturber. i. Arch. f. öst. Gesch. 106, 589 ff., 613, 641, 665. 297) Mzer. R. K. 24, Nr. 56. 298) Font rer. Austr. II/57, 321 f. u. 354 f. ”*) Arch. f. öst. Gesch. 106, 678. 30°) G. v. A n t a 1 u. J. C. H. de Pater, Weensche Gezantschapsberichten v. 1670 bis 1720, I, 1670—1697 (= Rijks Gesdiiedkundige Publicatién 67). 301) Z. B. a. a. O.195, 273> 233­301 a) Recueil des instructions données aux ambassadeurs de France 1 (Autriche), 77. 302) a. a. O. 250 ff. 30S) Vgl. die niederländ. Ber. a. a. O. 334, 367, 420. — Vgl. auch Srbik, österr. Staatsverträge, Niederlande 1, 266. 343

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