Historische Blätter 4. (1931)

Herausgegeben von Josef Karl Mayr: Das Tagebuch des Polizeiministers Kempen. September bis Dezember 1859

der ganz untätig gewesen, so wie nach seiner Meinung der Fm. Heß den Verlust der Schlacht bei Magenta zu verantworten hat. Bei Solferino bat Schlik den Kaiser, den Fzm. Wimpffen zur Vornahme seines linken Flügels, somit zur Vorrückung anzuweisen. Nachdem Heß dies gebilligt hatte, wurde befohlen, jedoch nicht gehorcht, und obwohl der Kaiser das Kommando führte, so ordnete dennoch Wimpffen bei der 1. Armee den Rückzug an, worauf S. M. den allgemeinen befahl und nach Villa­franca sich entfernte. Schlik bedauerte, daß man jüngst nur solche Generäle wieder angestellt habe, die in der letzten Epoche keine Ursache gegeben, mit ihnen zufrieden zu sein, Clam, Eduard Liechtenstein, Melczer und Mertens 71. 22. November. Ich hatte eine Reihe von Besuchen, ehe ich ausging, zu bestehen: Prälat von Heiligenkreuz, Oberst John72, Oberstl. Anzen­berger 73, Herr Erdl74, Pfarrer Baron Bartenstein 75 * und endlich Polizei­direktor Hof rat Czapka. Dieser vertraute mir, es hätte der Polizeiminister den Baron Pipitz 70 aufgefordert, seinem Freunde Czapka zu verstehen zu geben, er möge um seine Enthebung vom Posten des Wiener Polizei­direktors bei S. M. bitten. Als Ursache wurde nur seine Güte angegeben. Czapka bat daher schon gestern den Kaiser um seine Enthebung, der sie annahm, hat jedoch von seinem Nachfolger keine Ahnung. Ich tadle Thierrys Vorgehen als fehlerhaft im Entschluß und als intrigenhaft in der Form. Er scheint überhaupt von der offenen Bahn abzulenken, denn als ich später den Fml. Langenau besucht, erfuhr ich von ihm, daß Fml. Hart­mann gegenüber Baron Thierry sehr unbehaglich sich fühle, von ihm keines Vertrauens gewürdigt werde und — noch mehr— daß sogar seine (Hartmanns) Anträge mißdeutet und in einem speziellen Falle dem Fml. Graf Crenneville beschwerdsam zur Kenntnis gebracht worden seien. Man beabsichtigt nämlich, bei Wien Freiwillige für die päpstliche Regie­71 Der Milifärschematistnus vom Dezember 1859 verzeichnet Fml. Graf Clam-Gallas als Kommandierenden General in Böhmen, Fml. Fürst Eduard Liechtenstein als Kommandant des 6. Armeekorps, Fml. v. Melczer als Komman­dierenden General in Galizien und der Bukowina und Fml. Baron Mertens als Stadtkommandanten von Prag. 72 Dem Generalstab zugeteilt. 73 Im Gendarmeriedienst. 74 Das Staatshandbuch von 1859 verzeichnet einen Karl Erdl als Rech­nungsoffizial der k. k. Kameralhauptbuchhaltung. 75 Zu Rupprechtshofen in Niederösterreich. 70 Gouverneur der Nationalbank. 95

Next

/
Oldalképek
Tartalom