Historische Blätter 4. (1931)

Herausgegeben von Josef Karl Mayr: Das Tagebuch des Polizeiministers Kempen. September bis Dezember 1859

rung zu werben und sonach dahin abzusenden. Fml. Hartmann brachte die diesfalls nötigen Verständigungen der Statthaltereien in Wien und Triest in Antrag und hierüber erhob der Polizeiminister offenen und geheimen Tadel über seinen Sektionschef. Ganz sonderbar erschien es mir, daß Fml. Langenau plötzlich mich fragte, ob ich mit Kardinal Rauscher irgendeinen Konflikt gehabt hätte, denn er allein sei es, der über meine Entfernung eine Freude nicht verhehlen zu wollen scheint. Wie er dies erfuhr, ist mir rätselhaft, allein klarer wird es immer, daß an meiner Beseitigung die klerikale schlechte Partei ihren großen Anteil habe. 23. November. Fml. Hartmann besuchte mich früh und erzählte seine Zerwürfnisse mit Thierry. Ursprünglich habe Baron Hübner bei Thierry um die Charakteristik von H., N. und L.77 gefragt, die ihm alle als unsittlich, ersterer auch als Börsenspieler geschildert worden wären. Nach dem Zurücktreten Hübners sprach dieser sehr ungünstig über Thierry sich aus und sagte dem Fml. Hartmann geradezu, daß Thierry es gewesen, welcher die drei Genannten so nachteilig geschildert; über­haupt ergoß sich Hübner in gereizten Worten über die Umtriebe seines Nachfolgers. Da nun Thierry mir wiederholt selbst gestand, daß er Graf Rechberg vor Hübner gewarnt habe, so ist es in diesem Wirrsal von Intrigen immerhin auch möglich, daß Thierry von Rechberg verraten worden sei. Fml. Hartmann erklärt die mechanische, schwerfällige Dienstesweise Thierrys für ekelhaft und hält ihn in der Polizeileitung für unbrauchbar. 24. November. Seit einigen Tagen hörte ich schon einige Male, daß der auf Reisen befindliche Fml. Eynatten wegen eigennützigem Gebaren im ökonomischen Departement des Armeeoberkommandos in Unter­suchung gezogen wird. Schon in Verona 78 wurde er gleichmäßig 79 be­schuldigt und doch zog ihn Graf Grünne nach Wien in eine verlockende Verwendung 80, ja er nahm ihn gegen meine Bedenken in Schutz und verschaffte ihm nicht nur des Kaisers Vertrauen, als dieser nach Italien ging, sondern auch eine kaiserliche Auszeichnung. Nie werde ich diesem Manne vergessen, wie servil er in den Ministerkonferenzen gegen Minister Bach sich benahm und wie dreist er gegen mich intrigierte, um diesem 77 Beamte des Polizeiministeriums. 78 Laut Militärschematismus war E. 1856 noch beim Landesgeneralkom­mando zu Verona eingeteilt. Vgl. auch Anm. 34, S. 86. 79 Soll heißen: der gleichen Verfehlungen. 80 Vgl. den 30. Oktober 1850. 96

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