Historische Blaetter 2. (1921)

G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft

von Kulturperioden und durch einen Dreiklang bei diesem oder jenem Autor an Marx erinnert wird, so-, gibt es ja dafür vielerlei Vorlagen; vor Sombart hatten z. B. Lamprechts Kulturperioden schon einen gewissen Modewert gewonnen. Tröltsch hätte ferner auch die kriti­schen Ausstellungen, die Sombart an Marx macht, mehr in Betracht ziehen sollen. Im übrigen bestreite ich um so weniger eine gewisse Abhängigkeit Sombarts von Marx, als ich sie selbst längst vor Tröltsch hervorgehoben habe1. Es bleibt jedoch die Frage aufzu­werfen, ob diese Abhängigkeit Sombarts von Marx ihm zum Vorteil ausgeschlagen ist und ob die Arbeiten von Sombart, soweit sie diese Abhängigkeit zeigen, gerade einen Fortschritt der wirtschaftsgeschicht­lichen Erkenntnis darstellen. Die Forschung hat bekanntlich ergeben, daß sie ein Hindernis der Erkenntnis bedeuten. Von Max Weber bemerkt Tröltsch (S. 447) zunächst richtig, daß er den Standpunkt Rickerts einnimmt. Dann fährt er fort (S. 448): „In der Praxis seiner Forschung überwiegt aber auch bei ihm die intel- lektuale Anschauung der großen soziologischen Komplexe und der großen Entwicklungszusammenhänge. Hier scheint (!) insbesondere gerade Marx auf ihn einen tiefen und dauernden Eindruck gemacht zu haben.“ Nachdem er hier einen Zusammenhang mit einem „scheint“ schüchtern angedeutet hat, weiß er ein paar Sätze später ganz sicher, daß die schönen Dinge eben nur von Marx stammen können. Wenn er doch die Bücher, die den glänzenden Einfluß von Marx bekunden sollen, zur Hand genommen hätte! Seine 'erste größere Arbeit, die „Römische Agrargeschichte“ (1891), widmet Weber Meitzen und dankt ihm im' Vorwort für die „Fülle“ von Anregungen, die er von ihm für die agrarhistorische Forschung erhalten habe! Weiter nennt er hier als die, die ihm vorgearbeitet haben, Savigny, Rodbertus, Mommsen. 1895 veröffentlicht er seine Freiburger An­trittsvorlesung. „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“2’. Sie steht unter der Nachwirkung der großen nationalen Bewegung, die Bismarcks neue innere Politik in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wachgerufen hatte. Nebenbei bekämpft Weber hier die Klassenkampftheorie, insbesondere vom nationalen Standpunkt aus. In der folgenden Zeit hat er politisch wohl eine Wandlung durch­gemacht. Wissenschaftlich aber ist er sich stets treu geblieben; er hielt dauernd den kritischen und, was bei ihm selbstverständlich war, 14 Historische Blätter 203 1 Vgl. meine „Probleme“, S. 667 und 669 (Marx und Sombart). 2 Jetzt wieder abgedruckt in Webers „Gesammelten und politischen Schriften“ (München, 1921), S. 7 ff.

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