Historische Blaetter 2. (1921)
G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft
vermöge des besondern Ganges, den die deutsche Geschichte nimmt, kommt es dahin, daß bei ihnen die wirtschaftsgeschichtlichen Tatsachen stärker berücksichtigt werden. Von diesen Lokal- und Territorialhistorikern ist zweifellos die Mehrzahl von der romantischen Richtung beeinflußt1. Ebenso stehen viele von diesen, was sich aus dem zuletzt Bemerkten bereits ergibt, mit der historischen Rechtsschule in Beziehung, wie auch mit weiteren, jetzt zu erwähnenden Gruppen. Während die älteren Häupter der historischen Rechtsschule selbst (abgesehen von Niebuhr) sich in ihren Arbeiten auf juristische Themata beschränken, lenken die jüngeren Vertreter ihr Augenmerk direkt auf wirtschaftsgeschichtliche Probleme, so G. L. v. Maurer und W. Arnold, beide mit Arbeiten, die in den Mittelpunkt der wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen führen und auch den Zusammenhang wirtschaftlicher und rechtlicher Wandlungen behandeln, Arnold zugleich mit grundsätzlichen Erörterungen über das Verhältnis von Wirtschaft und Recht. Seitdem ist es etwas ganz Gewöhnliches, daß ein Rechtshistoriker sich auch mit wirtschaftsgeschichtlichen Fragen beschäftigt. Inzwischen aber war die historische Schule der Nationalökonomie begründet worden, die nun ganz berufsmäßig Wirtschaftsgeschichte trieb. Sie stellt eine späte Abzweigung der romantischen Bewegung dar, jedoch eine, die sich durchaus auf deren Grundlagen vollzieht1 2. Die Tatsache ihres Ursprungs 1 Natürlich bleibt es lohnend, den genaueren Anteil, den die Romantik an diesen Forschungen hat, festzustellen. Dazu liefert H. v. Srbik, Mitteilungen des Instituts, Bd. 38, S. 326 ff., einen Beitrag (vgl. Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 15, S. 85, Anm. 1). Wenn Tröltsch die Verdienste der Romantik um die Förderung der Geschichtsforschung herabmindern zu müssen glaubte, so hätte er z. B. hier einsetzen sollen. Allein man findet hei ihm keinen derartigen Versuch. 2 Über den Zusammenhang zwischen der historischen Schule der Nationalökonomie und der Romantik s. meine „Geschichtsschreibung“, S. 16 und 144; Histor. Ztschr. 81, S. 201; Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 13, S. 214 ff.; Bd. 14, S. 576 (Kritik der Darlegungen von Herkner und Schumpeter); L. Elster, Jahrbücher für Nationalökonomie, Bd. 116, S. 364 f. (Zusammenhang Br. Hildebrands mit Ad. Müller); Gehrig, Die Begründung des Prinzips der Sozial reform, 1914, S. 240 f.; 0. Gierke, Die historische Rechtsschule, S. 8. Manches Eigenartige in der Herleitung der historischen Schule der Nationalökonomie von Ad. Müller und List (auch mit Hinweis auf Böckh und Ranke) bei W. Arnold, Recht und Wirtschaft nach geschichtlicher Ansicht (Basel, 1863), S. 52 ff., mit dem Resultat (S. 59 f.): die historische Nationalökonomie „nichts weiter als eine Übertragung der historischen (juristischen) Schule auf die Nationalökonomie“. Eine Anzahl älterer Ausführungen von mir zu diesem Thema habe ich in der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 14, S. 576, notiert. Schmollers Versuch, mit seinem Auftreten eine neue Epoche der historischen Schule der Nationalökonomie zu datieren, das Aufkommen der „jüngeren“ historischen Schule, hat, wie es sachlich unbegründet ist, dazu beigetragen, durch die Herabsetzung von Hildebrand, Knies und Roscher die Sachlage zu verwirren. Zur