Historische Blaetter 1. (1921)

Alfred Stern (Zürich): Wit von Dörring in österreichischem Dienst

Zeitungen ausgesetzt, die er auf Einflüsse eines Bureaus des Polizei­ministeriums glaubte zurückführen zu müssen, und in Wien selbst rühmten sich zwei Diplomaten, »den Tisch verlassen zu haben«, an den er sich gesetzt hatte. Dies alles geht aus einem weiteren Briefe Wits von Dörring an Rechberg vom 3. Februar 1860 und aus einer dem Briefe beigefügten »Eingabe« hervor. Nach der Eingabe wollte er vor­läufig gänzlich von der im ganzen und großen projektierten Preßleitung abstrahieren und sich auf das momentan Mögliche, das heißt die Geltend­machung der österreichischen Interessen in auswärtigen Blättern be­schränken. »Die ipsissima verba Sr. Majestät des Kaisers, heißt es in der Eingabe, die ich sofort mir aufnotiert, waren: »Ihre Aufgabe ist schwer, weil Sie ganz allein dastehen, aber eben deshalb werden Sie auch durch nichts in Ihrer Tätigkeit gehindert und haben es in Ihrer Hand, sich mit den tüchtigsten Kräften zu umgeben. Dies ist das erste und daß Sie sich durchaus von allem, was vorgeht, ja von allen Neuigkeiten informieren denn nur durch solche Mitteilungen, nicht durch Geld können Sie die auswärtigen Blätter gewinnen«. Auf meine alleruntertänigste Bemer­kung, daß letzteres trotz des besten Entgegenkommens der Herren Minister schwer fallen würde, weil diese doch unmöglich selbst mit solchen Details sich befassen könnten, entgegnete S. Majestät: »Das ist ganz Ihre Sache. Sie haben ganz freie Hand und da gibt es keine Mühe zu scheuen.« Gestatten mir Ew. Exzellenz hienach den gegenwärtigen Stand der Sache zu schildern: a) die Hilfe des Hofsekretärs Fiedler, die ich vom ersten Tage an als unerläßlich reklamierte und die mir zugesagt worden, ist mir noch nicht eine Minute geworden; b) Herr von Arneth ist schwer erkrankt1; c) Professor Jonäk, eine nur im finanziellen Interesse des Baron Brind verwendbare Spezialität; d) dem von mir am meisten gebrauchten Redakteur der Wiener Zeitung erklärte Baron Thierry vorgestern persönlich, daß er sofort suspendiert werden würde, wenn er in seinen freien Stunden für mich tätig sei, was um so auffallender, da der Dr. Schnitzer mit Vorwissen des Herrn Polizeiministers von mir ins Ausland gesandt und benützt wurde. Eine Zurücknahme dieser Bestimmung dürfte jedoch auf mein ehrerbietiges Ansuchen an Se. Exzellenz in Aussicht stehen. Hiezu tritt noch, daß ich nicht allein momentan ohne Hülfe, sondern auch aller Mittel beraubt bin, mir solche zu verschaffen, weil mir keine Fonds zur Verfügung stehen. Es mag gleichgültig sein, daß ich selbst ohne Gehalt bleibe, ja Post­porto usw. ex propriis beschaffen muß, aber unumgänglich nötig ist es, 63 1 In A. v. Arneths Werk »Aus meinem Leben« ist für diese Zeit nichts von seiner Erkrankung erwähnt.

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