Historische Blaetter 1. (1921)

Alfred Stern (Zürich): Wit von Dörring in österreichischem Dienst

daß ich Zeitungen usw. beschaffe, daß ich nicht länger den von mir Be­schäftigten ihr Honorar schuldig bleibe, daß ich andere neue Kräfte mir acquiriere. Hienach bitte ich, daß ich berechtigt werde, mir die nötige Hülfe zu verschaffen und zu dem Ende über Geld, jedoch nicht aus Polizeifonds, die auch überdies schon verweigert worden, disponieren darf. Möglichste Sparsamkeit und Rechnunglegen ist natürlich meine Pflicht... Ohne schleunigste Genehmigung dieser beiden Punkte kann ich nichts und müßte alsdann zu meinem tiefsten Bedauern um meine sofortige Entlassung und die Erlaubnis bitten, mein unerhörtes Fiasco nicht bloß entschuldigen, sondern rechtfertigen zu dürfen, zumal den unwürdigen Angriffen gegenüber, mit welchen ich in den auswärtigen Blättern überschüttet werde, auf welche das Polizeiministerium (Bureau IV) influenciert und von denen ich nur einen, dem »Dresdener Journal« ent­nommen, beifüge. Man kann mich desavouieren, mich strenge des Irrtums zeihen, das muß ich ertragen, aber solche Witze über Kreuzritter sind einer hohen Behörde unwürdig.« Hier findet sich eingeklebt ein Aus­schnitt aus dem »Dresdener Journal«, enthaltend eine Notiz »Wien, 25. Januar«, in der auf Wits anonymen Artikel in der Allgemeinen Zei­tung vom 23. Januar und auf die ihm beigefügte Bemerkung der Redak­tion, unter Hinweis auf »das Kreuzzeitungszeichen« und auf den »neu­geschlagenen Kreuzritter«, angespielt wird. In seinem Brief vom 3. Februar, dem die »Eingabe* an Rechberg an­geschlossen war, glaubte Wit dem Minister auch gute Ratschläge für die Zukunft geben zu sollen: »Was vor drei Monaten noch konstitutio­nelle Strömung war in gewissen Kreisen, ist jetzt zum Sturm geworden und ergreift selbst die höchsten Schichten der Gesellschaft. 1st dem so, und leider ist nicht daran zu zweifeln, so gebe Gott, daß Ew. Exzellenz baldigst dafür eine bestimmte Lösung finde; was heute noch bei ge­regelten Zuständen als freie kaiserliche Gabe alle entzückt, dürfte morgen, wenn Venetien in Kriegszustand und ein Aufruhr in Ungarn ausbricht (leider, wenn das mot d’ordre von Paris gegeben wird, leicht möglich) nicht mehr genügen. E. Exzellenz kennen meinen Widerwillen gegen das neue Repräsentativsystem. Aber es gibt etwas Stärkeres, die Er­kenntnis der Notwendigkeit. Die Worte, welche der Doktor Herrmann am Samstag dem Kaiser gesagt, haben mich tief frappiert1. Bedenken Ew. Exzellenz überdies, daß Wien selbst im Fall irgendeiner Explosion viel gefährlicher als im Jahre 1848, nicht etwa weil die Revo­lution stärker als damals, sondern weil es keine Schwarzgelben mehr gibt und das Prestige der Armee verblichen.« Zum Schluß seines 1 Ich weiß diese Anspielung nicht zu erklären.

Next

/
Oldalképek
Tartalom