Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1838 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1838. - Allerlei zum Zeit vertreib

32 Die Brille, welche die Gegenstände zu sehr vergrößert. Ludwig XV. besuchte einst das Kriegsdepartement. Im Bureau des Hrn. Dvbois fand er eine Brille, auf die er seine Hand legte und ein be- schriebeweö Blatt forderte, um, wie er Jagte, die Probe zu machen, ob diese Brille wohl so gut fei) als die Sei- nige. Man brachte einen Brzef, worlnn eine äußerst lob­rednerische Stelle auf den König und seinen damaligen Minister, den Herzog von Chviseul, enthalten war. Kaum hatte der Monarch das Blatt angesehen, so warf er hastig die Brille aus den Tisch und sagte: »sie ist nicht bes­ser als die Meinige; sie vergrößert ebenfalls die Gegen­stände zu sehr.« Das Glückskind. Ein Kammerdiener des Parla- mcntsraths zu Grenoble, Herrn von A m bl e r ie u, wollte eine gewisse Bailli, eine Gerberstochtcr, nicht heira- then, weil ihr in seiner Gegenwart entfahren war, was Niemand vor dem Andern hören laßt. Der Rath wollte sie wegen dieser Beschimpfung trösten und verliebte sich so sehr in sie, daß er sie selbst heirathelc. Sic sah sehr schon aus, hatte eine herrliche Gestalt und bezauberte Jeder­mann durch ihr Benehmen und durch ihren Verstand. Das ganze Parlament war wüthcnd über diese Mißl eirath, wie man sie nannte; ganz Grenoble murrte, jedoch sie blieb Frau von Amblerieu, welche eben so sehr durch ihr Be­tragen als durch ihre Denkart interessirte. Nach fünf Jahren starb der Parlamentsrath lind da er seine Gattin zu feiner Universalerbin cinsetzte, so schrie man über Ungerechtigkeit. Habsüchtige Anverwandte mach­ten auf die Erbschaft Ausprnch und fingen einen Prozeß gegen sie an, den sie aber verloren. Die liebenswürdige Wittwe appellirte an den königlichen Staatsrath, reifete nach Paris, und lernte da durch den sonderbarsten Zufall den Marschatl von l' Hopital kennen, der sie endlich heirathete. Man hätte glauben sollen, daß sie wegen ihrer Ge­burt nun nicht höher steigen könnte, allein das Glück, das sie unaufhörlich begünstigte, verschaffte ihr zum letzten Ge. mahl den König von Polen, Johann Casimir. Die- ser war selbst ein Glückskind; er war Jesuit, Cardinal, darauf König und endlich Abt von S a i n t - G e r m a i n des Pres, welche Stelle ihm Ludwig XIV., für den Verlust seiner Krone gab. Sonderbare Sitte. Die Kabardiner, die sich in der Nähe des Caucasus aufhalten, sind ein sehr gastfreies Volk und wenn ein Kabardiner Jemand in seinen Schutz oder als Gastfreund annimmt, so kann dieser sicher auf ihn rechnen, nie wird er ihn verrathen oder an seine Feinde ausliefern. Wollen ihn die Letztern mit Gewalt wegführen, so gibt die Frau des Wirthes dem Gastfreunde von ihrer Brust zu trinken, wodurch er als ihr rechtmäßiger Sohn anerkannt wird, und seine neuen Brüder haben nun die Pflicht auf sich, ihn mit ihrem Leben gegen seine Feinde zu vcrtheidigen und fein Blut an ihnen zu rächen. Die Milchstraße. Eine Dame, die den ganzen Abend noch kein Wort gesprochen halte, fragte endlich ihren Mann, j der mit einem Astronom viel von seiner Wissenschaft und zuletzt von der Milchstraße sprach: »mein Kind! deine Eltern hatten ja wohl ein Haus in der Milchstraße?« Das serbische Bleich er mädchen. Im Land Albanien, bei ©Futárt, Stand an dem Flüßchen eines Morgens früh Ein serbisch' Mädchen, schlank wie junge Birken, Und bleichte Leinwand, glanzend weiß wie Schnee, Die es gebreitet über Gras und Klee — Und über'm Flusse stand der Feind : die Türken Nicht fern vom Ufer lagerte ein Chor. Der Pascha reitet winkend ans Gestade vor. Und ruft laut tönend: „Mädchen, geh von hinnem! „Du lockst die Bursche mir aus Glied und Reih, ■ „Auch werden durch deu Glanz die Pferde scheu, „Drum bleiche anderweitig freute Linnen." Das Mädchen lacht, und singt und bleichet fort. Und achtet wenig auf des Türken Wort. Der Pascha eilt zurück, erbost darüber. Und ruft den Seinen zu: „Wer hat den Mutl), „Und spornt sein Roß nach Jenseits durch die Fluth, „Und holt die kecke Dirne mir herüber?" — Da svrengt in Hast ein junger Muselmann Auf seinen Braunen an den Fluß heran, Und stürzt sich in die Strömungen der Wellen; Das Mädchen sang und bleichte fort; doch nahm. Als nun dcr-mnth'ge Schwimmer näher kam. Die Flucht sie, leicht und lüftig wie Gazellen. Sie flieht zum nahen, stolzen Skutari; Jedoch der Muselmann ereilet sie. Nun wirft sie sich zur Erd' und fleht um Gnade, Umsonst! er schwinget sie zu sich auf's Pferd, Und wie sie mächtig auch sich sträubt und wehrt. Bringt er sic doch aus andere Gestade. Da springt er flugs vom Gaul, und mit Verdruß. Zieht er im Gras die Stiefel sich vom Fuß, Das cingedrung'ne Wasser a-.rszuschüttelii. Die kühne Dirne nützt den Augenblick, _ , Sie tretet das Rößlein in den Strom zurück, Und weiß sich so die Rettung zu ermitteln. Der Türke wüthet, sckrevt und lärmt und tobt. Allein vergebens, denn — Gott sey gelobt! Sie ist schon an den beim scheu Ufer wieder. Und streichelt jetzt das Thier, und macht den Zaum In ihrer Nähe fest an einem Baum, Und bleichet fort beim frohen Sang der Lieder. Und als ihr Tagewerk sie vollendet hat, Kehrt sie mit ihren Linnen heim zur Stadt, Und reitet singend ein zu Aller Staunen; Sie springt vom Rößlein, lachend, sonder Harm, Und hüpfet dem Geliebten in den Arm Und mache ihm zum Geschenk den wacker« Braunen. K. Waihen und un kraut Warum wachsen die Mäd­chen gemeiniglich eher auf, als die Jungen? fragte vor einiger Zeit ein Landpredigcr seine Bauernkindcr. Nie« mand konnte diese Frage beantworten; endlich sagte er: »wcil die Mädchen daS Nnkraat, die Junge« aber der Äüitzen sind.»

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