Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837. - Allerlei zum Zeitvertreib

41 H e i r aths Antrag. In England ist, wie der Leser weiß- auf die meisten Verbrechen die Todesstrafe gesetzt. Ein Schuster, William Thomson, der sich eines solchen Verbrechens schuldig machte, 'wurde zur Gerichtsstätte ge­führt, um durch des Henkers-Strang fein Leben zu enden. Da er aber sonst immer als ein braver Mann bekannt war, so wollte der Richter diesen Umstand benutzen, um den Un­glücklichen zu retten, und sprach zu dem versammelten Volke: »Wenn sich unter den Anwesenden ein Frauenzimmer befin­det, die sich entschließen könnte, diesen Menschen zu hei- rathen, so wird ihm das Leben geschenkt.« Alsogleich rief eine weibliche Stimme: »Ich heirathe ihn!» Der Delin­quent sah sich nach der Person um, und schrie laut auf: »Henkt mich auf! die nehme ich nicht, sie har ein breites Maul « D i e S ch w e i z e r m i l ch. Lord Hill, ein Sonderling erster Klasse unter den vielen Sonderlingen der drei briti­schen Reiche (Bruder des bekannten Generals Hill) — befaß eilte (englische) Meile von London eine allerliebste Schwei­zerei. Die Kühe hatte er sich aus dem Haslithale der Schweiz verschrieben, eine Sennerfamilie dazu, die in dem flachen Nebellande tausend Mal das Heimweh bekam, aber das that nichts. Das Herzweh deckten Guineen. In seinem Hause wurde eine artige Bernerin gehalten, die fein an­deres Geschäft hatte, als jeden Morgen die Milch zum | Thee für den gnädigen Herrn von der Meierei zu holen. , Sv trank der Lord zwar etwas theure Milch, — aber was that's, es war doch Schweizermilch. Eines Morgens goß der Regen in Strömen vom Himmel. Liesli, die des Herrn Gutmülhizkeit kannte, wagte cs, schüchtern, mit gesenkten Blicken vor dessen Bett zu treten, und bat um Erlaubniß, für heute die Milch in der Stadt kaufen zu dürfen , weil das Wetter gar zu schlecht sei. »Niln gut, sv sollst Du fahren!" — sagte er vor sich hin, klingelte, und befahl anzuspannen — »die vier Braunen vor die Fensterkutsche.« Der Kutscher brummte, aber fuhr vor. Die Braunen schüt­telten die Ohren. «Nun steig in den Wagen, Kind, William soll Dich hin und zurückfahren, damit ich meine Schweizer- Morgenmilch bekomme.« Aber William weigerte sich: »Er fahre kein Milchmädchen -- seine Braunen hätten edleres ; Blut, als solche Dirne. Mylord möge ihn fortjagen, aber j er fahre nicht.« »So muß ich wohl selbst fahren, will ich meine Mvrgenmilch haben. Steig ein, mein Kind!« Damit! letzte er sich auf den Bock. John mußte ihm den Regen- ; schirm über den Kopf halten. Liesli wiegte sich auf dem Sammetpolster der Glaskutsche — und so ging es fort. Es war etwas umständlich — Lord Hill wurde naß bis auf die Haut, aber er bekam doch feine Schweizermilch. Englische aristokratische Kaltblütigkeit. Lady D. fuhr nach Schottlandz es erhob sich ein fürchter­licher Sturm. Die Dame flocht ruhig ihr Haar, als der Echiffsdiener an die Kajüte klopfte und sagte: »Gnädige Frau, ich halte cs für meine Schuldigkeit, Ihnen zu sagen, daß wir wahrscheinlich ertrinken müssen.« »Sie unverschäm­ter Mensch! sprechen Sic mir nichts vom Ertrinken,« etV« ge^nete die aristokratische Dame ungerührt, das ist Sache des Kapitäns, und geht mich nichts an.« Der Glaube macht selig. Der Inspektions- Kapitän von Z. zu B. bemerkte in der Nähe des Schloß- gartens einen Zusammenlauf luehrerer Menschen. »Was gibt's hier?« fragte er einen nicht fern davon stehendem Soldaten feiner Kompagnie, einen Pfiiffikus, der in das laute Gelächter der Volksmenge eingestimint hatte. »Nichts von Bedeutung, Herr Hauptmann, es haben sich Mehrere hier um ihren Glauben gestritten, und sind dabei etwas handgreiflich geworden.« »Was ist denn dabei zu lachen?« — «I nun , Herr Hanptmann, der Glaube macht selig, glaube Jeder was er will, ich habe auch meinen Glauben.« — »Nun, was glaubst Du denn?« — »Ich habe den Glauben meines Schusters.« — »Deines Schusters? Wie soll ich das verstehen?« — »Ja, sehen Sie Herr Haupt­mann, ich bin meinen Schuster seit zwei Jahren fchvn einen Thäler und acht Groschen schuldig. Nun glaubt dcr gute Mann steif und fr ft, daß er sein Lebtag keinen Groschen von mir bezahlt bekommt; denselben Glauben habe ich auch.« — Der Hauptmanu konnte sich des Lachens kaum erwehren, der Spaß gefiel ihm dermaßen, daß er die Börse zog und dem Soldaten zwei Thaler mit den Worten übergab: »Hier nimm, Du Spitzbube, bezahle Deinen Schuster und behalte den Rest für Dich?" »Danke gehör- samst!« sprach der Beschenkte mit schalkhaften Lächeln, — »danke, Herr Hauptmann — aber mein Schuster bekommt doch keinen Pfennig davon.« — »Wie?« rief der Haupt­mann entrüstet, »Du willst Deine Schulden nicht bezahlen?« »Aber mein Gott, Herr Hauptmann, Sie werden doch nicht verlangen, daß zwei gute Christen, mein Schuhmacher und ich, für zwei Thaler ihren Glauben ändern sollen?« Der persische Geizhals. Ein Harpagon in Jspahan, der lange Zeit mit seinem jungen Sohne nur von trockenem Brot und Wasser gelebt hatte, wurde eiues Ta­ges doch durch die zu einladende Beschreibung eines Freun­des verlockt, ein schmales Stück von einem besonders vor­trefflichen und wohlfeilen Käse zu kaufen. Doch ehe er noch damit zu Hause kam, überfielen ihm schon Gewissens­bisse und Reue. Er verwünschte feine thörichte Extravaganz (Unbesonnenheit), und statt den Käse, wie er früher be­absichtigte, zu essen, verschloß er ihn in eine Flasche und begnügte sich, in Gesellschaft des Knaben, bet jedem Mahle ihre Brotrinden im Angesicht des Käses zu genießen, die­selbe aber vor jedem Bissen gegen die Bonteille zu reiben, nnd so den Käse eiiistweilen nur mit der Einbikdungekraft zu schmecken. Einmal, berichtet die Gesck)ichte weiter, ver­spätete Harpagon sich auswärts und fand, als er eine Stunde nach der Essenszeit zu Hause kam, feinen Sohn bereits mit der täglichen Brotrinde beschäftigt, und diese emsig gegen die Schrankthüre reibend. »Was treibt der Bengel ?« rief er verwundert aus. »O Vater! es ist Essens­zeit Ihr habt den Schlüssel zum Schranke mitgenommen, und da Hab ich den mein Brot ein Bischen gegen die Thüre gerieben, weil ich nicht zur Flasche kommen konnte.« — »Infame Range.« schrie der Vater im höchsten Zorne, »kannst Du nicht eilten einzigen Tag ohne Käse leben? Geld mir aus den Augen, verschwenderische Brut, Du wirft nimmer iin reicher Manu werden.« 6

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