Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1836 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1836. - Allerlei Zum Zeitvertreib

38 Geheimniß zu entdecken, welche- ihr lange da- Herz 6e* fcrücft habe. Sie sey vor beinahe zwanzig Jahren in dem Gasthofe zum weißen Roß Dienstmagd gewesen und habe daselbst Folgendes erlebt: Eines Abends spat kam noch ein Fremder zu Pferde in dem Gasthofe an, (berichtete sie), der ein schweres Félt­eiken hinter sich auf dem Pferde hatte, so schwer, daß ich iinb die Wirthin es nickt tragen konnten und wir den Hausknecht noch zu Hülfe rufen mußten. Der Gast aß tüchtig zu Abend, trank noch mehr,.und wurde von dem Hausknecht ziemlich betrunken zu Bette gebracht. Am fest» qenden Morgen weckte mich die Wirthin sehr früh, und schickte mich nach einer entlegenen Meierei, wo ich zum crstenmale Milch holen mußte. Als ich nach zwei Stunden zurückkam, sagte mir die Wirthin, der Fremde sey schone abgereiset und habe ein Trinkgeld für mich hinterlassen, das sie mir sogleich gab; ich wollte hierauf das Gastzim­mer reinigen, was immer meine Arbeit gewesen war, aber die Wirthin schickte mich wieder fort und äußerte, sie wolle heute schon selbst rein..machen- und hatte den gan­zen Tag Aufträge außer.dem.Hause für mich. Als ich ge­gen Mittag durch.den^Saal ging. kam die Wirthin aus dem Gastzimmer und schloß sogleich die Thür hinter sich zu, steckte den Schlüssel wider Gewohnheit in ihre Tasche, und als sie wich erblickte, erschrack sie sehr, denn sie ward bleich unt) roth. Nachmittags hörte ich in dem Stall ein Pferdewiehern; die Thür war verschlossen, als ich aber durch das Schlüsselloch sah, erblickte ich das Reitpferd des Fremden. Da kam es mir in den Kopf, der Gast sey bei n,s erschlagen worden, indessen schwieg ich; als ich aber in der folgenden Nacht deutlich vernahm 7 daß der Wirth und der Hausknecht im Hause hin und her schliechen, da konnte ich mich am Morgen nicht enthalten, als die Wir­thin Gelegenheit suchte, mich im Zank aus dem Dienst zu jagen, meinen Argwohn zu offenbaren, daß der Fremde ermordet sey und man mich nur darum los seyn wolle. Hierüber schien die Wirthin jehr betroffen; sie redete da­rauf insgeheim mit ihrem Manne; nach einer Stunde et­wa kam dieser zu mir in die Küche und sprach: WaS hast Du, dummes Ding, zu meiner Frau von Mord gespro­chen? Sagtest Du dergleichen zu andern Leuten, so könn­test Du uns leicht in Verdacht bringen. Du dauerst mich, weil du noch ein albernes Kind bist; wäre das nicht, so hättest Du dafür verdient, todtgeschlagen zu werden. Sieh, hier hast Du fünf Pfund Sterling, die schenke ich Dir; aber dafür gehst Du diesen Augenblick aus dem Hause und aus dieser Gegend, sprichst auch zu keiner Seele ein Wort über den Fremden. Betrittst du diese Gegend wie­der, oder tässest Du Dir je einen Laut entwischen, so suche ich Dich auf, wo Du auch bist, und ermorde Dich, so wahr Gott lebt! Aus Furcht vor dem Tode nahm ich das Geld, gelobte ewiges Stillschweigen-von Allem, ging nach einer halben Stunde schon aus dem Hause hinweg, begab mich zu meiner Muhme, acht englische Meilen von C Helms fort, und wagte bis jetzt kein Wort von der Sache zu sprechen. Au f Befragen beschrieb sie die Gestalt de- Fremden, und es fand sich, daß diese Beschreibung genau auf den Leichnam paßte. Eie erinnerte sich ferner noch, daß dersel­be einen braunen Rock und einen weißen Hut getragen habe. Ferner nannte und bezeichnete sie den ehemaligen Haus­knecht int Gasthofe, und als man nachforschte, wurde aus- gemiktelt, st>aß er noch am Leben in der Grafschaft Gr ff tjr wohnhaft und ein reicher Pächter geworden sey. Er wurde hierauf verhaftet und der Theitnahme an jener Ermordung angcklagt, gestand aber nichts ein; in- dessen erinnerte sich die erwähnte Dienstmagd auch noch, daß er kurz vorher, ehe der Gastwirth sie fortgeschickt ha­be, mit dem Reitpferde des Fremden in aller Frühe und wie verstohlen aus dem Thorwege geritten und zur Zeit ihres Abgchens aus dem Hause ohne Pferd zurückgckom- men fey.> Diese Angabe bestärkte den Verdacht gegen ihn um ein- Großes. Bald darauf, nachdem noch eine Aufforderung in öf­fentlichen Blättern erlassen worden war, daß jeder, der in dieser Anlegenheit etwas wisse, zur Entdeckung beitra­gen möge, meldete sich ein Schneider aus Che lms fort, welcher früher für den ehemaligen Hausknecht gearbeitet hatte. Er zeigte an, daß dieser ihm vor etwa 19 Jahren einen langen Rock von braunen Tuch gebracht, und zum Umändern nach seinem Leibe in Arbeit gegeben habe. Eben daselbst lebte noch ein bejahrter Hutmacher, dem der Hausknecht um die nämliche Zeit einen weißen Hut zum Schwarzfärbcn übergeben hatte. Der Verdacht ward hierdurch dringender. Wahrscheinlich waren diese Klei­dungsstücke dem Theilnehmcr am Morde anheim gefallen. Er läugnete indessen noch immer; als aber das Geschwor- ncngericht erklärte, daß man ihn für überführt achte, be­kannte er, daß er sich wirklich mit dem Wirth und dessen Frau zu der Ermordung des reichen Fremden unter der Bedingung vereinigt habe: daß er die Hälfte des Geldes bekommen sollte. Nachdem man ihm dieses zugefagt, habe er zuerst Hand angelegt, dem Schlafenden mit einer Axt den To­desstreich versezt und ihn in Gesellschaft des Wirthes in der folgenden Nacht unter einer Hecke im Garten verscharrt. Bei fernerer Untersuchung ergab sich, daß der Er­mordete ein gewisser Küfer meist er, Verwalter des RittergutsW i l l i n g ha m gewesen, der sich auf die Reise begeben hatte, um den Gutsherrn die jährlichen Ein­künfte von Willingham zu überbrinqen. Seine Braut, mit welcher er sich nach seiner Rückkehr hatte verheiratheu wollen, stellte sich vor ihrem Friedensrichter mit dieser Aussage, und weinte noch jezt bei der Erinnerung an de» geliebten Bräutigam tausend bittere Thränen. Der Wirth und sein Weib waren glücklich genug ge­wesen, durcheinen natürlichen Tod dem gewaltsamen, schimpf­lichen entrissen zu werden; ihr Mordgefährte aber ward nun, nachdem er Alles eingestanden hatte, hingerlchtet.' Zwanzig Jahre lang blieb das Verbrechen verborgen, bis ein anscheinender Zufall es entdeckte. Welche furchtba-

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