Folia archeologica 13.

A. Sz. Burger: Die Szene der „Lupa Capitolina" auf provinzialen Grabsteinen

52 A. Sz. Burger Aus Bolsena stammt ein Metallspiegel, der im III. Jahrhundert v.u. Z. verfertigt wurde. 5 Auf diesem Denkmal wird die Szene ausser mit der die Kinder stillenden lupa noch mit zwei Vögeln und einer verschleierten Frauen­figur ergänzt. Im Romulus-Mythos kommt der Specht zu einer wichtigen Rolle. Wir erwähnten bereits, daß dieser von Mars geliebte Vogel die göttlichen Knaben mit süssen Wurzeln und Früchten ernährte. Die Vogeldarstellung erscheint hier also nicht als raumausfüllendes dekoratives Element, sondern als organischer Bestandteil der Sage. Die verschleierte weibliche Figur ist wahrscheinlich die um ihre Söhne trauernde Rhea Silvia. Das bisher bekannte Bildmaterial des Mythos wird mit der Darstellung auf einer aus dem III. Jahrhundert v. u. Z. stammenden Schale aus Celene bereichert, die mit Basreliefs verziert ist. 6 Hier stillt die Wölfin die Zwillings­knaben bereits unter dem „ficus Ruminalis"; auf den Zweigen des Baumes sitzen zwei Vögel. 7 Die etruskischen Denkmäler aufzählend und analysierend kommen wir zu einem — leider nur aus der Literatur bekannten, doch in seiner Bedeutung sehr wichtigen — Denkmal, der sog. „Tafel der Ogulnier". Cnaeus und Quintus Ogulnius, Aedile, brachten in der Nähe von Lupercal im Jahre 296 v. u. Z. das Standbild der lupa auf dem heiligen Feigenbaum an. Auf dieser darstellung stillte die Wölfin die Zwillinge. 8 Aus der Zeit der Republik ist keine Darstellungen der lupa Capitolina bekannt. Als die republikanische Staatsform durch den Prinzipat des Augustus abgelöst wurde, erscheint die lupa Capitolina nach der etruskischen Kunst wieder im Rahmen der reichen dekorativen Kunst. Das ist keineswegs ein Zufall: diesmal hat man es nämlich nicht bloß mit dem Wiederbeleben eines dekorativen Motivs zu tun, bzw. mit dessen häufiger Anwendung. Die Er­scheinung hat tiefere Gründe. Octavianus berechnete seine Regierungszeit nämlich nur ab 29 v. u. Z., weil ihm der Senat damals den Titel Augustus ver­lieh. Doch war es Augustus' einziger Wunsch, daß man ihm anstatt dessen den Namen Romulus gäbe. Das war keineswegs ein Geheimnis, denn z. B. Ovid vergleicht Romulus und Augustus, zu Gunsten dieses letzteren. 9 Augustus sehnte sich also nach dem Namen jenes Romulus', der den römischen Staat gegründet hatte, weil er mit dem Wiederbeleben der Romulus-Idee die offen­sichtlichen monarchistischen Züge seines Prinzipates in ein besseres Licht zu stellen wünschte. Auch deswegen hätte Augustus gern den Namen Romulus aufgenommen, um dadurch auch jene künstlich verbreitete Anschauung zu 6 Sack, O., Romulus. PWRE 2. Reihe I. (Stuttgart 1920) 1081. 6 Ebda. 1082. 7 „ficus Ruminalis" = Baum des Romulus oder der ihn ernährenden Mutter am Hang des Palatin, in der Nähe der Lupercal-Höhle, unter welchem die Zwillinge lagen. Ebda. 1083. 8 Livius, а. а. O. Cap. X. 23. — Mit dem Namen der Brüder Ogulnius ist jener Rechtsvor­schlag verbunden, der 300 v. u. Z. angenommen wurde, und demzufolge den Plebejern der Weg zu allen öffentlichen Ämtern offen stand. Sie wurden auch den Körperschaften der Pontifices und Auguren zugelassen. Maskin, N. А., а. а. O. 96. 9 Suetonius, Aug. 7. — Cassius Dio schreibt, daß Augustus diesen Namen sehr gerne er­worben hätte, doch befürchtete er, man könnte ihn verdächtigen, daß er das Königtum anstrebt. Cass. Dio, 53. 16. — Ovidius „Vis tibi grata fuit, florent sub Caesaré leges, tu domini nomen, prin­cipis ille tenet; te Remus incusat, veniam dedit hostibus ille." Fasti II 140—142.

Next

/
Oldalképek
Tartalom