Evangélikus Élet, 2010. július-december (75. évfolyam, 27-52. szám)

2010-12-19 / 51-52. szám

Evangélikus Élet 2010. december 19-26. » 23 Deutsche J\^vilci^e Ich steh an deiner Krippen hier ... Weihnachten inmitten der alpenländischen Krippenlandschaft Der schönste Tag im Jahr ist der 23. Dezember. Das ist in unserer Fami­lie ganz klar. Denn an diesem 23. darf nicht mehr eingekauft werden. Da muss die eilig in der Kirche anbe­raumte Probe des Kinderchors ge­schwänzt werden. Und da darf die Mutter nichts in der Küche vorko­chen. Denn am Tag vor dem Heiligen Abend wird die Krippe aufgebaut. Und das dauert den ganzen Tag. Den Aufbau unserer Krippe emp­finden wir alle als einen familienpo­litisch bedeutsamen, als einen qua­si kultischen Akt. Wie da Eltern und Kinder die Krippenfiguren gemein­sam auspacken, sortieren, reinigen und den richtigen Platz für sie aus­suchen. Da wird einen ganzen Tag lang möglich, was ansonsten in der Hektik der Vorweihnachtszeit leicht zu kurz kommt: Wir fragen und antworten, singen und streiten ein wenig. Und wir erzählen einander vom ersten Fest im Stall zu Bethle­hem und was später mit diesem Je­sus passierte. Und von den Weih­nachtsfesten, die wir schon erlebt ha­ben, von unseren Wünschen und den kalten, kargen Weihnachtsfesten der Nachkriegszeit. Wie da die Kinder aufmerken: So kann das auch sein? Es beginnt alles Morgens in der Früh, wenn der Vater das Komman­do übernimmt und die Kisten und Kartons mit dem Krippenzeug aus dem Keller rauf schleppt. Markus stürzt sich als Erstes auf den Stall. Ein zwölfjähriger Bub hat vor allem Inter­esse daran, dass die Technik klappt und der Stall in Ordnung ist. Einige Balken müssen erneuert werden, elek­trische Leitungen sind auszubessern: Was ist schon eine Krippe, über der kein ordentlicher Stern erstrahlt und wo bei den Hürden - „Papa, was sind Hürden?“ - kein Lagerfeuer lodert? Der Stall als Ort einer Entbindung legt der neunjährigen Mirjam die Frage in den Mund, wie es denn bei ihrer Geburt im Rotkreuzkranken­haus zugegangen sei. Zusammen mit ihrem aufgeklärten Bruder erör­tert sie die hygienischen und medi­zinischen Schwierigkeiten einer Ge­burt im Stall, wo das Stroh piekt und die Fliegen herum schwirren. „Und Flöhe!“, ruft die fünfjährige Martina. ^ Christliche Liedermacher gibt es viele. Reinhard Börner je­doch fallt durch seine Vielseitig­keit auf: Er präsentiert Musik keltischen Ursprungs, spielt auch gerne Swing und Blues und hat viele eigene Lieder im Repertoire. Hierfür wurde er vor zehn Jahren mit dem För­derpreis der Hanns-Seidel-Stif­­tung ausgezeichnet. Zudem be­trat Börner Neuland: Er hat sich mit seiner Akustikgitarre des Liedgutes von Paul Ger­hardt und Martin Luther ange­nommen. Damit betreibt er Ver­kündigung der besonderen mu­sikalischen Art.- Über welche Art von Musik sind Sie zum Gitarrenspiel gekommen?- Zu meinem 13. Geburtstag hat mir mein Vater eine Gitarre ge­schenkt. Ich war damals fasziniert von der Musik der Beatles, Simon & Garfunkel usw. Diese Musik wollte ich unbedingt selber spielen Das ist der Zeitpunkt, an dem die Mutter die berühmte Waggerl-Le­gende vom Floh im Ohr des Chri­stuskindes vorlesen muss. Ja, in der Klink war es komfortabler. Aber noch heute werden viele Kinder in Afrika in dreckigen Hütten geboren. Für die wird in der Christvesper Morgen gesammelt. Ach so ist das! Fester Bestandteil jeder alpenlän­dischen Krippe ist die Krippenland­schaft - möglichst naturgetreu nach­gebildet. Da lassen alle drei Kinder ihrer Phantasie und Kreativität frei­en Lauf. Maßgeblich scheinen dafür im Wesentlichen die Eindrücke vom letzten Sommerurlaub zu sein. So präsentierte sich Bethlehem un­längst nach dem Bornholm-Urlaub als skandinavische Landschaft mit viel Sand, Steinen und Binsen. Heu­er wirkten die Erlebnisse auf dem Bauernhof im Allgäu nach. Jetzt musste ein Holzstoß, ein Brunnen und ein Dutzend klitzekleiner lad­wirtschaftlicher Geräte her - vom Münchner Kripperlmarkt, der dieses kindliche Interesse am Detail of­fenbar richtig einzuschätzen ver­steht. Immer gebraucht wird Moos, das gleich in der Früh vom Waldrand geholt wird. Und Silberpapier für den Bach, an dem die Schafe trinken. Denn wenn Wege, Weiden und Wasserstellen angelegt sind dürfen die Tiere in die Krippenlandschaft einziehen. In den 15 Ehejahren hat sich da eine stattliche Anzahl von Schafen, Böcken und Hunden ange­sammelt. Heuer schleppte Martina ein kleines Eichhörnchen aus Stoff an, ihre Neuentdeckung in den Baum­wipfeln unseres Gartens. Getreu der Ankündigung des Propheten müssen auch Ochs und Esel ihre Stellung im Stall beziehen. Sie gehören dazu, aber man mag sie in unserer Runde nicht eigentlich. Mirjam sähe viel lie­ber ein Pferd an der Krippe. Sie kann den Tag nicht abwarten, an dem sie endlich mit dem Reitunterricht be­ginnen darf. Und der Vater stößt und habe mir dabei auf der Gitarre vieles selbst beigebracht. Später ist denn der Wunsch ent­standen, meinen eigenen Stil zu ent­wickeln und auch eigene Songs zu schreiben.- Ein Kennzeichen Ihres eigenen Stils sind die „Choräle auf sechs Sai­ten“. - Unter diesem Motto stehen vie­le Ihrer Tonträger und Konzerte. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, zum Beispiel Paul-Gerhardt-Lieder auf der Gitarre zu spielen?- Schon meine Eltern haben mit mir Paul-Gerhardt-Lieder gesun­gen. Außerdem haben wir als Fami­lie regelmäßig die Gottesdienste in unserer Gemeinde besucht. Dadurch habe ich viele der alten Kirchenlie­der gehört und gesungen. Manche haben mir sehr gut gefallen und ich habe mir überlegt, wie sie auf der Gi­sich daran, dass das Weihnacht­sevangelium diese Viecher mit kei­nem Wort erwähnt. Waren die über­haupt dabei in Bethlehem? Tina fin­det das schon: „Die waren doch ganz arm und Esel sind so lieb." Als nächstes wird das Hirtenvolk aussortiert - ein rundes Dutzend junger Burschen, Mägde, Kinder und Greise, alle aus Lindenholz handgeschnitzt, 15 Zentimeter hoch und unbemalt. Erkennbar arme Leu­te, die aber dem Jesuskind Geschen­ke bringen. Jetzt muss der Vater ei­ne Pause einlegen, sich ans Klavier setzen und das Lieblingslied der Fa­milie intonieren. Es ist der Choral Ich steh an deiner Krippen hier, 0 Jesu, du mein Leben.... Seit vorigem Jahr er­tönt dazu die Oberstimme, von Mir­jam auf der Flöte geblasen. Das Sin­gen ist die Stunde der Mutter. Sie kann alle Strophen dieses Paul-Ger­­hardt-Liedes auswendig. Und es wird ganz still, wenn sie wieder - wie in jedem Jahr! - erzählt, wie sie die im Dunkel eines Luftschutzkellers von ihrem Vater gelernt hat, damit die Angst nicht überhand nimmt. So was gab es, gibt es - Krieg, Bomben? Die Heiligen Drei Könige sorgten jahrelang für heftige konfessionelle und theologische Debatten. Die streng evangelische Mutter war da­gegen, dass sie gekauft würden. Wie Protestanten manchmal so sind. Denn die Sache mit den Königen sei legendär. Der Vater musste ihr Recht geben: Das Lukasevangelium spricht weder von Dreien noch von Heiligen noch gar von Königen. Aber Markus nörgelte: In der Kirche gäbe aus auch Könige, und auch bei seinem Freund Andi unterm Christbaum. Und so schlichen sich Vater und Sohn vor einigen Jahren an der Mut­ter und der Bibel vorbei in den Krip­penladen an der Frauenkirche und kauften die Heiligen Drei Könige. Um sie bei der Mutter als die Weisen aus dem Morgenland einzuführen. Was dann doch akzeptiert wurde. tarre klingen würden. Da ist die Idee entstanden, die alten Choräle auf neue Art und Weise zu spielen, Der Streit hatte übrigens auch sein Gutes. Denn in diesem Zusam­menhang musste geklärt werden, was eine Legende ist. Und da haben die Eltern dann Farbe bekannt: Ja, die Weihnachtsgeschichte ist eine Legen­de, eine mit wunderbaren Einzelhei­ten ausgeschmückte Geschichte, die einen wahren Kern und eine tiefere Bedeutung hat. Da lag die weitere Frage quasi in der Luft: Was bedeu­tet denn diese schöne Geschichte, die wir jedes Jahr feiern? Eine lange Predigt war da nicht angesagt. Aber man kann auch in wenigen Worten zwischen dem bunten Krippengeraf­fel sagen, was der Kern der Sache ist: Dass Gott uns lieb hat und darum in diesem Jesus zu uns gekommen ist, um uns immer nahe zu sein. Der Krippenaufbau als wichtiger Be­standteil der religiösen Sozialisation - so kann man das auch sehen! Natürlich besteht der Höhepunkt des 23. Dezembers im Aufbau der Heiligen Familie. Dabei ist einzuräu­men, dass Joseph dabei eine unterge­ordnete Rolle spielt. Was Kenner der Weihnachtsgeschichte nicht wun­dern wird; auch auf vielen Gemälden sitzt er oft recht nachdenklich im Ab­seits. Aber Maria, die Mutter, die Gottesmutter! Ihr gilt Jahr für Jahr die ganze Liebe und Fürsorge der trainie­ren Puppenmütter. Denn Mütter möchten sie doch selber einmal wer­den, die beiden Töchter. Maria und das Kind müssen einen geschützten Platz bekommen, den Platz in der Mitte natürlich, den Platz, auf den Markus den Scheinwerfer richtet. Denn dreht sich hier nicht alles um die Beiden, um das Christuskind, das man ja schließlich nicht ohne sei­ne Mutter haben kann und will? Wie leicht wird es sogar religiös ver­unsicherten Eltern, beim Krippenauf­bau ganz nebenbei von dem zu erzäh­len, der kein Kind blieb, sondern ein Mann wurde und dann vieles tat und sagte, was für ein gelingendes Le­ben wichtig ist. jenseits von Kirchenmauern und Orgelklängen.- In diesem Jahr bearbeiteten Sie Luther-Lieder für Akustikgitarre - ei­negroße Herausforderung! Wie fand der Gitarrist Börner einen Zugangzu Luthers Musik?- Die Paul-Gerhardt CD war be­reits nach kurzer Zeit ein Bestseller. Mein Verlag hat mich deshalb beauf­tragt, hinsichtlich des Reformati­onsjubiläums 2017 und der bereits begonnenen Lutherdekade nun auch die Lieder des Reformators für die Gitarre zu bearbeiten. Zu Anfang habe ich mich an den Lutherchorälen von Johann Sebasti­an Bach orientiert. Es erschien mir aber unmöglich diese gewaltige Mu­sik auf eine Gitarre zu reduzieren. Dann habe ich mich daran erin­nert, dass Luther selbst Laute gespielt Das Christuskind war übrigens gleich nach der Hochzeit die erste Krippenfigur, die wir im Krippenladen unter den Türmen der Frauenkirche in München erwarben. Schließlich steht und fällt das Weihnachtsfest ja mit ihm! 50 Mark kostet die kleine Holzfigur damals. Das war das Hoch­zeitsgeschenk unserer Großmutter in Berlin. Die dann aber etwas ver­schnupft-norddeutsch reagierte: Wir hätten uns doch von dem Geld etwas Anständiges kaufen sollen! Etwas Besseres als das Gotteskind? Zu guter Letzt wurde unsere Krip­pe durch den Verkündigungsengel vervollständigt. Dem gingen noch einmal tiefgründige Gespräche vor­aus. Markus wollte vor allem wissen, ob es Engel überhaupt gäbe und ob das Buben oder Mädchen seien. Mirjam interessierte sich mehr für deren geheimnisvolle Aspekte - warum man sie nicht sehen könne und wie sie das machen mit dem Fliegen. Nur die kleine Martina blieb von dieser Debatte unberührt. Sie er­klärte kategorisch, Engel dürfe man nicht sehen, weil sie einen immer und überall beschützen. Wir erzählten von den Engelsgestalten der Bibel und ihren Botschaften, mussten aber am Schluss zugegeben, dass wir auch nichts Genaues über sie wissen. Ob die Religionslehrerin unserer Kinder damit ganz zufrieden war, ha­ben wir nie erfahren. Das alles ist lange, lange her. In­zwischen sind Markus, Mirjam und Martina erwachsen, haben geheira­tet und selber Kinder. Und ihre eige­ne Krippe. Es ist dann wie es war im Anfang jetzt und immerdar: Am Abend des 23. Dezember ist alles fer­tig. Müde aber glücklich steht jede Familie vor ihrer Krippe. Der Kater, legt sich auf das weiche Moos zwi­schen Schafe und Hirten. Es ist so­weit. Es kann Weihnachten werden. Und die Familien stimmen den Weihnachtschoral an: Ich steh an dei­ner Krippen hier, o Jesu, du mein Le­ben; / ich komme, bring und schen­ke dir, was du mir hast gegeben. / Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, /Herz, Seel’und Mut, nimm alles hin / und lass dir’s wohl gefallen. ■ Claus-Jürgen Roepke und seine Lieder vermutlich auf der Laute komponiert hat. Dieser Ge­danke hat mir sehr geholfen, einen Zugang zu seinen Liedern zu finden.- Luther auf der Gitarre, leise Klänge der Saiten anstelle des monu­mentalen Orgelklangs. Öffnet das nicht auch ein neues Hörverstehen?- Ja, ich glaube schon. „So habe ich Luther noch nie gehört“, ist eine häufige Reaktion. Luthers Lieder klingen oft etwas kämpferisch und kantig. Es ging mir darum die Grundstruktur seiner Melodien zu erhalten, sie aber in einen erweiter­ten musikalischen Zusammenhang zu stellen. Deshalb habe ich sie mit Elementen aus Klassik, Folk und Jazz verbunden. Das Ergebnis hat mich selbst überrascht. ■ HolgerManke Internet: www.reinhard-boerner.de Aktuelle CD: Martin Luther - Cho­räle auf sechs Saiten interpretiert von Reinhard Börner, erschienen 2010 bei can-music So habe ich Luther noch nie gehört Im Gespräch mit dem Gitarristen Reinhard Börner

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