Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 1. Die Entwicklung eines Kabinettssekretariates zu Seiten des Herrschers
12 len, daß er, wie obige Worte Schönborns schon besagten, Schriftstücke, welche beim Kaiser einliefen und von diesem dem Reichshofrat zugewiesen worden waren, dem Reichsvizekanzler übermittelte 14), sowie daß durch ihn der schriftliche Verkehr mit dem Hof rat der österreichischen Hofkanzlei Johann Georg Ritter von Mannagetta erfolgte, als dieser 1722 in kaiserlichem Auftrag geheime Verhandlungen über die Annahme der pragmatischen Sanktion von 1713 mit führenden Männern Ungarns pflegte 15 16). Diese Tatsache weist wohl auch auf die Gründe hin, welche den Kaiser zur Errichtung eines Kabinettssekretariates bewogen haben könnten. Der Ansturm der Ungarn gegen den „supremus cancellarius“, den obersten österreichischen Hofkanzler, dessen sich der Kaiser auch in ungarischen Angelegenheiten bediente, der Erfolg, den die Ungarn in diesem Kampfe im Gesetzartikel III: 1715 davontrugen, mögen des Kaisers Entschluß gereift haben, ein allen ständischen Einflüssen entrücktes, dem Monarchen allein unterstehendes Kabinettsekretariat zu schaffen. Nur ganz wenige Akten dieses Kabinettssekretariates sind auf uns gekommen. Diese wenigen Stücke lassen erkennen, daß Imbsen auf den Einläufen, wo er Platz fand, den Tag des Einlaufens mit dem Vermerk „pres. den ..oder „acc. den ..angab18 19); darunter vermerkte er mit „R. den ..oder „R. eodem [die] ..den Tag der Beantwortung 17). Während sich dieser Erledigungsvermerk auf allen erhaltenen Stücken findet, fehlt der Präsentationsvermerk mehrmals. Nur zwei Konzepte von Imbsens Hand konnte ich aufspüren; in beiden Fällen handelt es sich um Entwürfe kaiserlicher Schreiben 18). Ihre Gestaltung ist von der üblichen halbseitigen Beschreibung des Papieres abgesehen, so verschieden von einander, daß ihre Beschreibung zwecklos wäre. Ob Imbsen Hilfskräfte verwendet hat, ist unbekannt; als er 1735 wegen angegriffener Gesundheit auf Urlaub weilte, scheint ihn für einfache Schreibgeschäfte der Kanzlist der österreichischen Hofkanzlei Josef Mathias Geitter vertreten zu haben 1B). Imbsens Tätigkeit als Kabinettssekretär dürfte mit dem Tode Kaiser Karls (20. Oktober 1740) geendet haben 20). 14) Bezeugt für 1717, 1769, Groß, a. a. O., S. 152. 15) G. Turba, Die pragmatische Sanktion, Bd. 1, S. 142 n. 5, 143 Anm. 2, 149 n. 7, 168 Anm. 4, 176 n. 16, 195 n. 26, 305 n. 24, ders., Reichsgraf Seilern S. 196 und ders., Grundlagen der pragmatischen Sanktion, Bd. 1, S. 305 n. 24. 16) AKA., Fasz. 15, Konv. fol. 21, 32, 34. 17) Ebenda und fol. 38, bei diesen Stücken fehlt der Präsentationsvermerk. >8) Ebenda, fol. 5, 19. 19) Vortrag Imbsens, 13. 8. 1735, AKA., Fasz. 14, Konv. Diversa. Über Geitter s. G. Turba, Ist das Original der pragmatischen Sanktion Karls VI. eine Unterschiebung? in Archival. Zeitschrift Bd. 40, S. 84. 20) In den am 15. März 1741 vom Obersthofmeisteramt der Hofkammer übersandten Generalstatus der Hofstäbe erscheint er bereits als Pensionist. Hofprotokoll in Parteisachen und Imbsens Lebenslauf in Kapitel VII.