Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 2. Die Kabinette Maria Theresias

13 2. Die Kabinette Maria Theresias Als 1736 der Hofstaat für die Erzherzogin Maria Theresia, welche sich am 12. Februar dieses Jahres mit Herzog Franz Stephan von Lothringen vermählte, errichtet wurde, wurde auch die Bestellung eines „C abi- nets-Secretarius“ vorgesehen. Am 2. Februar wurde der Pas- sauische Rat und Komitialgesandte Joseph Ignaz Edler von Wolff scron hiezu ernannt *). Maria Theresia trat durch ihre Heirat in den Personalstand ihres Gemahls2), Wolffscron wurde daher gleich­falls in diesen aufgenommen und erscheint auch im Stande der „Gehei­men Kanzlei“ des Herzogs als Registrator3). In diesen Stellungen ver­blieb Wolffscron auch, nachdem Maria Theresia am 20. Oktober 1740 durch den Tod ihres Vaters „in Österreich regierende Erzherzogin“, Kö­nigin von Ungarn und Böhmen usw. geworden war. Wolffscrons Wir­kungskreis war recht unbedeutend; er war, wie seine scheinbar vollzäh­lig erhaltene Registratur erkennen läßt4), auf die Erledigung des offi­ziellen Briefwechsels beschränkt, soweit dieser nicht seit Maria Theresias Regierungsantritt durch die Staatskanzlei geführt wurde. Wolffscron hat daher auch seine Obliegenheiten allein versehen; nur als 1740 eine grö­ßere Anzahl von eingelaufenen Kondolenzbriefen zu beantworten war, bediente er sich hiezu einer Hilfskraft5). Obwohl er Ende Februar oder Anfangs März 1741 als Hofsecretarius zum Obersthofmeisteramt versetzt wurde °), versah er noch bis März des nächsten Jahres die Geschäfte des Kabinettssekretariates; ja selbst als ihm am 19. März 1742 in dem Hof­kriegsrat Ignaz von Koch ein Nachfolger gegeben worden war7), besorgte er noch bis zum 1. August dieses Jahres die offizielle Korrespon­denz 8). Mit diesem Wechsel der Person trat auch eine wesentliche Änderung der Stellung des Kabinettssekretärs ein und darin wird wohl dessen Grund zu suchen sein. Maria Theresia dürfte erkannt haben, welche Stütze dem Monarchen ein Kabinettssekretär mit der Stellung und den Ge­schäftskenntnissen eines Mannes, wie Imbsen es gewesen war, bedeutete. !) Wolffscron stand seit 11 Jahren in dieser Eigenschaft in Passauischen Diensten. Neben ihm bewarb sich der spanische Kanzleiagent Dionys de Peralta OMeA., Hofprot. in Parteisachen, S. 105 ff., 118 ff. 2) G. Turba, Ist das Original der Pragmatischen Sanktion Karls VI. eine Unterschiebung? Arch. Zeitschrift, Bd. 40, S. 85. s) Poschakten, jüngere Serie, Kart. 8/2. 4) Familienkorrespondenz A. Schachtel 34, 35. 5) Ebenda 7. 12. 1740 Nr. 1—14. 6) Am 3. 3. 1741 wurde er als solcher beeidet. OMeA., Zeremoniellprotokoll und Zeremoniellakten VIII/1741 Erzh. Josef. 7) Vgl. das seine Bezüge regelnde Dekret vom 15. 3. 1745 (!) OMeA., Hof­parteiprotokoll fol. 60 v, Freiherrnstandsdiplom Kochs 17. 7. 1748, StAI., Adels­akten, A. v. Arneth, Prinz Eugen Bd. 3, S. 493. 8) Seine Handschrift begegnet zum letzten Male am 17. 3.

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