Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 1. Die Entwicklung eines Kabinettssekretariates zu Seiten des Herrschers

9 selbst bald darauf zum Tode verurteilt, jedoch zu Gefängnis begnadigt2). Die Gründe des Kaisers sowie die Begründung des Urteils sind unbekannt; es scheint jedoch, daß des Kaisers zweiter Kammerdiener Philipp Lang, der nun an Machowskys Stelle trat, seine Hand im Spiele hat­te 3). Lang sollte sich als größerer Schurke denn Machowsky erweisen. Er hatte noch als zweiter Kammerdiener sich das Vertrauen Rudolphs so sehr zu erwerben gewußt, daß ihm vielfach Briefe und Denkschriften zur Übermittlung und Befürwortung beim Kaiser übergeben wurden, selbst Erzherzoge bedienten sich schon damals dieses Weges4 5). Nach Machow­skys Sturz wußte Lang seine Stellung zu einer solchen zu gestalten, wel­che der eines Kabinettssekretärs gleichkommt. Er vermittelte fast aus­schließlich die Audienzen, er nahm die an den Kaiser gerichteten Bitt­schriften entgegen, er übernahm es auf Ansuchen der kaiserlichen Räte, ja selbst des Reichs Vizekanzlers, beim Kaiser unerledigt liegende Ge­schäftsstücke zu betreiben, nahm vom Kaiser die Unterzeichneten Ent­schließungen entgegen, führte in dessen Namen und in dessen Auftrag einen ausgedehnten Briefwechsel selbst mit Kurfürsten, mit Erzherzogen; ein guter Teil der Familienbriefe ging durch seine Hände. Seine schrift­liche Tätigkeit nahm solchen Umfang an, daß er Hilfskräfte heranzog. Martin Rodt, Lambrecht Schadner, der Sekretär bei der böhmischen Kammer Paul Rapp und der Kanzleischreiber und Regi­strant der Reichskanzlei Hans Ulrich Rebmann sind als solche bezeugt6 *). Von diesen hat Lang scheinbar Rapp und sicher Rebmann, der ihm über sieben Jahre diente, zur Entwertung und zum Reinschreiben des geheimen, im Aufträge des Kaisers geführten Briefwechsels und der Fa­milienbriefe verwendet8). Von kurzen, durch den Verfolgungswahn des Kaisers bedingten Schwankungen abgesehen wußte Lang bis zu seinem Sturz eine Stellung zu behaupten, von deren Ausmaß man sich schwer die richtige Vorstellung machen kann. Von seinem Wohlwollen hing die Besetzung hoher und höchster Stellen in Staat und Kirche, die Ernennung 2) Über Machovsky s. Hurter, Philipp Lang, S. 19 ff., Stieve, Die Verhand­lungen über die Nachfolge Kaiser Rudolfs II., S. 78, 153, Ders. Briefe und Akten Bd. 5, S. 726, Bd. 6, S. 377, Nuntiaturberichte Bd. 4 lt. Personenindex, Groß, a. a. O., S. 169, Schwarzenfeld, a. a. O., S. 148, 152, 190. 3) Über Lang s. Hurter, Philipp Lang, Stieve in Allgemeine Deutsche Bio­graphie, Bd. 17, S. 617 f., Stieve, Briefe und Akten, Bd. 5 nach Index, Nuntiatur­berichte, Bd. 4 nach Index, Groß, a. a. O., S. 30, 170, 326, Schwarzenfeld, a. a. O., S. 190 ff., 210 ff., 218. Die bei Lang beschlagnahmten Briefe und Akten sowie ein Teil der Akten des gegen ihn geführten Prozesses in den Langakten des Familienarchivs s. Gesamtinventar, 2. Bd., S. 57. 4) Erzh. Matthias an Lang, Wien, 29. 11. 1601, Erzh. Maximilian an ihn, Innsbruck 17. 4., Prag, 15. 7., Innsbruck 8., 25. 9. 1603, Langakten, Karton 1. 5) Hurter, Lang S. 69 nennt Rodt fälschlich Roll. Über diese Schreiber s. Hurter, a. a. O., S. 69, 145 f. und Langakten Karton 2, 3, 7. ») Vgl. die Aussagen Rodts vom 21. 10. 1608, Rapps s. d. und Rebmanns präs. 8. 10. 1608 sowie Supplik dess. vom 8. 5. 1609 in Langakten, Kart. 7.

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