Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

Einleitung

% zeichnet — auch die die Person Matthias betreffenden Geschäfte führte u). Sie besorgte die Kanzleigeschäfte bei Hof bis zu ihrer am 13. Dezember 1612 erfolgten Wiedervereinigung mit der nach Wien zurückverlegten Reichskanzlei 12). In der Reichskanzlei hatte sich etwa seit der Mitte des 16. Jahrhun­derts eine eigene österreichische Kanzleiabteilung abzusondern begonnen. Diese österreichische Abteilung entwickelte sich13) zu einer zentralen Stelle am Hof. Die Reichshofratsordnung des Jahres 1559 enthielt hin­sichtlich der Behandlung des Einlaufes die Bestimmung, daß der Reichs­vizekanzler alle verschlossenen und offenen Schreiben, Briefe und der­gleichen übernehme und die geschlossenen, insoferne sie nicht an den Kaiser zu eigenen Händen gerichtet seien, öffne. Über die eingelangten Schriftstücke hatte der Vizekanzler dem Kaiser im geheimen Rat zu be­richten oder sie den zuständigen reichs- und erbländischen Stellen zur Behandlung zu überweisen. Während die Reichshofratsordnung vom Jah­re 1584 noch dieselbe Bestimmung enthält, zeigt jene von 1617 eine wesentliche Änderung; hier ist von einer Zuteilung an erbländische Stellen keine Rede mehr14). Die österreichische Abteilung hatte sich inzwischen eine solche Stellung errungen, daß bei ihr die erbländischen Untertanen ihre Angelegenheiten Vorbringen und die österreichische Abteilung diese, soweit sie sie nicht selbst behandelt, an die zuständigen erbländischen Stellen, aber auch an solche des Reiches leitet15). Die Entwick­lung endete damit, daß 1620 die Abteilung von der Reichskanzlei abge­trennt und als Österreichische Hofkanzlei selbständig gemacht wurde. Ge­fördert wurde diese Entwicklung durch das Zurücktreten der Reichsinter­essen der Habsburger gegenüber jenen ihrer Erbländer, durch das Stre­ben sich eine Kanzlei zu schaffen, die dem Einfluß der Reichsstände, der in der Leitung der Reichskanzlei durch den Erzkanzler des Reiches zum Ausdruck kam, entzogen sei16). An diese österreichische Hofkanzlei gingen alle erbländischen Angele­genheiten, die private Korrespondenz des Kaisers mit anderen Herrschern, der Briefwechsel mit Familienangehörigen sowie die Haus- und Familien­sachen über 17). Die Hofkanzlei verstand es aber auch einen Teil der po­litischen Korrespondenz, eben jenen, welcher der Kenntnis des Reichs­4 u) Ebenda, Bd. 2, S. 389, Pkt. 1 und S. 390 Pkt. 6. 12) Lothar Groß, Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806 (Inventare österreichischer staatlicher Archive V. Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs Bd. 1.) S. 27 ff., 37. 13) fällt aus. ii) Ebenda, S. 144 f. is) Ebenda, S. 37. 16) Ebenda, S. 40 und die dort angegebene Literatur. ii) Vgl. die Hofkanzleiinstruktionen von 1628 und 1669, Fellner-Kretsch- mayr, a. a. O., Bd. 2, S. 455, 538, und die Hofkanzlei- und Taxordnung von 1683, a. a. O., Bd. 3, S. 1 und Groß, a. a. O., S. 39 f.

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