Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
Einleitung
EINLEITUNG Es wäre Stückwerk, eine Geschichte der Kabinettskanzlei vorzulegen, welche nicht der Frage näher tritt, welche Stellen vor deren Bestände die Geschäfte geführt hätten. Diese Frage ist allerdings nach dem heutigen Stande der Forschung nicht befriedigend zu beantworten, denn es bedürfte hiezu der eingehenden Kenntnis des Geschäftsganges der Reichskanzlei, sowie der verschiedenen Hofkanzleien, deren erschöpfende Behandlung von diesem Gesichtspunkte gesehen bisher nur für die Reichskanzlei erfolgt ist. Es sollen und können demnach die folgenden Ausführungen nicht mehr denn einen Versuch darstellen an Hand der zur Zeit vorhandenen Veröffentlichungen diese Frage zu erörtern. Bis zur Abtrennung der österreichischen Hofkanzlei von der Reichs(hof)kanzlei war es die Aufgabe dieser, alle den Kaiser betreffenden Angelegenheiten zu behandeln. Unter Kaiser Maximilian I. scheint in dieser Kanzlei ein steter Wechsel in der Behandlung der „aigen Sachen“ des Kaisers — worunter wohl die Angelegenheiten der Erblande, seine politische Korrespondenz und die Haussachen verstanden werden dürfen *) stattgefunden zu haben. Während die Kanzleiordnung des Reichserzkanzlers Erzbischof Bertholds von Mainz vom 3. Oktober 1494 keine eigenen Kräfte zu deren Behandlung erwähnt, sondern nur von deren vorzüglichen Behandlung und Registrierung spricht2), lassen die Entwürfe zu der vermutlich am 13. Februar 1498 ergangenen Hofordnung erkennen, daß ihre Zuweisung an die beiden Ratssekretäre — Matthias Wurm und Niclas Ziegler — zumindest in Aussicht genommen war 3). Auf keinen Fall aber zählten sie länger zu deren Geschäftskreis, denn die Mömpelgarter Ordnung Maximilians I. vom 12. September desselben Jahres erwähnt bereits einen vom Kaiser hiefür zu ernennenden Sekretär'). 1518 wahrte sich der Kaiser das Recht soviele Sekretäre, !) Die Reichskanzleiordnung Maximilians I. vom 12. Sept. 1498 läßt diesen Schluß zu; es heißt dort: „Was aber der kgl. ml. aigen sach wer, die nit bit erleiden moechten und procureien, barteien noch sunnder personen Sachen nit antreffen, die mag der secretari, den die kgl. m‘. zu irn aigen hendln und Sachen benennet, furnemen und brauchen, von seiner m*. zu ainer jeden zeit, so er ervordert wurde, annemen, brief darüber zu machen und dieselben dem canzler zu underschreiben, zu sigeln und zu verfertigen zu bringen, doch so soll demnach derselb secretari unverordert und on willen und wissen des canzlers nit gen hof geen.“ Th. Fellner — H. Kretschmayr, Die österreichische Zentralverwaltung I, 2, S. 54. 2) Pkt. 13, 14, 17, 23, 25. O. Posse, Die Lehre von den Privaturkunden, Leipzig, 1887, S. 206 f. 3) Fellner-Kretschmayr, a. a. O., I, 2, S. 11 ff., Pkt. 1, 8, 9. R e i n ö h 1, Geschichte der k. u. k. Kabinettskanzlei 1