Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 73. Theophila Wassilko (Wien): Rudolph Graf Wrbna als landesfürstlicher Hofkommissär für Niederösterreich während der Besetzung Wiens im Jahre 1805

Rudolph Graf Wrbna als landesfürstlicher Hofkommissär für Nieder Österreich. 431 auf dem kürzesten, meist auf mündlichem Wege und sofort verhandelt und entschieden werden mußte und daß zu einer schriftlichen und aktenmäßigen Erledigung die Zeit gefehlt hat. Alle diese Akten wurden später vom Hofsekretär von Liedemann in Bausch und Bogen ad acta gelegt*). Mit welchem Tage das Landeshofkommissariat offiziell aufgelöst worden ist, darüber findet sich in den Akten kein Hinweis; es wird wohl bald nach der Rückkehr der Hofstellen gewesen sein, deren Funktionen das Landeshofkommissariat teilweise ausgeübt hat und die nun an diese Behörden zurückfielen. Die Liquidierung des Landeshofkommissariates zog sich bis in das Jahr 1808 hinein. Rechnungsangelegenheiten wie Bezahlung für geleistete Lieferungen, Rückersätze, Aufteilung auf die verschiedenen Fonds, Gesuche um Remu­nerationen und Geldaushilfen machen nun in der Hauptsache den Inhalt der Korrespondenz des Landeshofkommissariates aus. Ab August 1806 hat Wrbna kein Personal mehr. Hof­sekretär Braun und Hofsekretär von Liedemann — ersterer, wie bereits erwähnt, neben­amtlich — besorgen die Erledigung der Korrespondenz allein. Eine große Erleichterung gewährt es Wrbna, als ihm das Generalrechnungsdirektorium am 24. Oktober 1808 mitteilte, daß alle auf das Landeshofkommissariat bezüglichen Rechnungen einem zur Finalisierung derselben aufgestellten Buchhaltungsgremium zu übergeben seien, weil nun, wie Wrbna antwortet, „sämtliche Invasionsrechnungsangelegenheiten, die so verworren sind, durch die gehörige Abrechnung mit den bezüglichen Staatskassen ihrer baldigen Erledigung zugeführt werden“. Er selbst hat zu dieser Zeit nur mehr jene Rechnungen des Landeshofkommissariats bei sich, welche er dem Kaiser unmittelbar vorzulegen hat * 2). Die Registratur des Landeshofkommissariates hat Wrbna wegen der noch nicht abgeschlossenen Liquidierung vorläufig bei sich behalten und sie zunächst in das Oberst­kämmereramt 3) mitgenommen. Sie mußte daher auch die dreimalige Übersiedlung des Büros des Oberstkämmereramtes mitmachen. Seit dem 20. September 1807 war die Ordnung und Aufsicht dieses Aktenbestandes dem Andreas Staudigl, Hausknecht der Hofburg und Kanzleidiener im Oberstkämmereramt, anvertraut, der sie neben seinen gewöhn­lichen Amtsobliegenheiten besorgte. Für diese Arbeit erhielt Staudigl eine Remuneration von 25 fl. 4). Als im Jahre 1806 neuerlich die Gefahr bestand, daß Wien von französischen Truppen besetzt werden sollte, beauftragte der Kaiser den Hofkammerpräsidenten Graf Zichy „auf dasjenige fürzudenken, was zu tun wäre, wenn, wider aller Vermutung die französischen Truppen in die k. k. Erblanden einrücken sollten“. Den von Zichy im Einvernehmen mit Stadion vorgeschlagenen Maßnahmen liegen, wie er in seiner Note ausführte, die während der Okkupation von 1805 gewonnenen Erfahrungen zugrunde. Es ist nicht uninteressant, darunter den Antrag zu finden, dem in Betracht kommenden landesfürstlichen Hof kommissär „einen geheimen Vorschuß von 250.000 fl. teils in Kreditbriefen, teils in Bankozetteln und Gold in Händen zu lassen ... da die Erfahrung gelehrt hat, daß ohne sogenannte Douceurs nichts zu bewirken ist“ 5). Die Franzosen verschonten Wien für dieses Mal. Erst im Jahre 1809 erlebte Wien seine zweite feindliche Besetzung. Daß auch diesmal Graf Rudolph Wrbna zum landes­fürstlichen Hofkommissär bestimmt wurde, mag als Zeichen dafür angesehen werden, in welch vorbildlicher Weise er seinen Verpflichtungen während der ersten Besetzung nach­gekommen war. x) Diese Akten sind weder mit einer Unterschrift noch mit einer Paraphe oder einem Datum ver­sehen, doch ist die Hand Liedemanns zu erkennen. 2) LHK, Nr. 2124. 3) Wrbna hatte ja seit 12. Jänner 1806 die Würde eines Oberstkämmerers inne. 4) LHK, Nr. 2114, Dekret vom 30. Oktober 1808. 6) HKA, Geh. Finanzen, Fasz. J/l, Nr. 1, VIII.

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