Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 72. Hans Lentze (Innsbruck): Joseph von Spergs und der Josephinismus
396 Lentze, 1748 erhielt der junge Spergs seine erste Anstellung als Sekretär des Stadthauptmannes zu Trient, der dort nach den Verträgen zwischen dem Landesfürsten von Tirol und dem Hochstift Trient zur Wahrung der landesfürstlichen Befugnisse angestellt war; er genoß die Rechte eines landesfürstlichen Beamten *). Im folgenden Jahre (1749) bewarb er sich um die Professur des Natur- und Staatsrechts an der Innsbrucker Universität, die durch den Weggang Paul Joseph Rieggers * 2) nach Wien erledigt war, doch war ihm kein Erfolg beschieden 3). Bald sollte sich ihm ein Tätigkeitsfeld eröffnen, auf dem er seine besonderen Neigungen und Fähigkeiten verwerten konnte. 1750 wurde er Aktuar der Kommission, die die lange streitige Grenze zwischen Tirol und der Republik Venedig feststellen sollte; sie bestand aus Bevollmächtigten beider Regierungen. Zum Versammlungsort der beiderseitigen Bevollmächtigten war Roverető erwählt worden 4). Spergs mit seinen Fähigkeiten im Zeichnen entwickelte sich nun zum Kartographen, er nahm die Gegend auf und bestimmte die Grenzlinie, auf die man sich einigte. Später entwarf er dann eine Karte des südlichen Tirol bis in die Gegend von Bozen in der freien Zeit, in der die Grenzkommission ihre Arbeit der Jahreszeit halber unterbrach 5). Diese Karte übertraf an Güte die älteren Karten von Tirol 6), so daß der Gedanke an eine Publikation der Karte nahelag. 1759 wurde Spergs von der Regierung zur Veröffentlichung seiner Karte aufgefordert, wobei allerdings eine Ergänzung der Karte bis in die Gegend von Brixen verlangt wurde. Da Spergs bereits in Wien war und diese nicht mehr selbst vornehmen konnte, wählte er sich zur Durchführung dieser Ergänzung den bekannten Bauern-Geodäten Peter Anich von Oberperfuß in Tirol, der sich bereits durch verschiedene Arbeiten auf dem Gebiete der Feldmeßkunst einen Namen gemacht hatte 7). Ihm gebührt also das Verdienst, den Anstoß zu den großen kartographischen Arbeiten des Peter Anich gegeben zu haben. Die ihm übertragene Aufgabe, die Aufnahme der Gegend zwischen Klausen, Bozen, Meran, führte Peter Anich im November 1759 zur vollen Zufriedenheit seines Auftraggebers durch. Spergs arbeitete nun Anichs Ergänzung in seine Karte ein und ließ dann seine Karte vom südlichen Tirol in vier Blättern 1762 erscheinen 8). Um so mehr drängte sich der Wunsch auf, die Karte auf Nordtirol ausgedehnt zu sehen. Da Spergs wegen seiner Übersiedlung nach Wien dies nicht mehr leisten konnte, wurde 1760 Peter Anich mit der Anfertigung einer Karte von Nordtirol beauftragt, nachdem ihn Spergs in einem Prememoria von 1760 empfohlen hatte 9). Der ursprüngliche Plan, diese Karte als Ergänzung zu Spergs’ Karte von Südtirol zu gestalten, erwies sich als untunlich, da die Arbeiten von Spergs und Anich viel zu ungleich waren, um in einer Karte vereinigt werden zu können. So kam es dann zur kartographischen Aufnahme von ganz Tirol, deren Ergebnis die große Karte von Tirol war, die nach Anichs Tode von seinem Gehilfen Blasius Hueber fertiggestellt wurde 10). Dadurch war die Karte Südtirols von Spergs wenige Jahre nach ihrem Erscheinen bereits überholt. In Ro verető kam Spergs bald in einen Kreis von Gleichgesinnten, denn es hatte sich kurz vor der Ankunft der Grenzberichtigungskommission eine literarische Gesellschaft, *) Dipauli, a. a. O., S. 6 f. 2) Vgl. über ihn Schulte, Geschichte der Quellen und Literatur des canonischen Rechts, Bd. III/l, Stuttgart 1880, S. 208 ff. 3) Dipauli, a. a. O., S. 7. 4) Dipauli, a. a. O., S. 8 ff. 5) Dipauli, a. a. O., S. 9. ®) Vgl. über diese: Hartl, Die Aufnahme von Tirol durch Peter Anich und Blasius Hueber. Mitteilungen des k. k. Militärgeographischen Instituts, Bd. V, 1885, S. 167 ff. 7) Hartl, a. a. O., S. 108 ff.; Paulin, Zeitschrift des Deutschen und österreichischen Alpenvereins, Jg. 1937, S. 144. 8) Genaue Beschreibung bei Hartl, a. a. O., S. 177 f. 9) Abgedruckt bei Hartl, a. a. O., S. 151 ff. 10) Hartl, a. a. O., S. 111 ff.