Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 50. Hermann Balti (Graz): Beiträge zur Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert

Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert. 31 gewordene Fassung der Öberösterreichischen Landgerichtsordnung teilweise als Vorlage für diesen Entwurf, der sehr umfangreich gewesen zu sein scheint, gedient haben ? Die Frage, warum bisher niemand die erwähnten Übereinstimmungen bemerkt habe, insbesondere warum Byloff die oberösterreichische Landgerichtsordnung als Quelle für die steirische Landgerichtsordnung nicht heranzog, erklärt sich aus der falschen Ein­schätzung der oberösterreichischen Landgerichtsordnung als vermeintlicher Ableger und Nachbildung der niederösterreichischen Ordnung von 1514, die 1540 geringfügig geändert wurde. Während Wahlberg die niederösterreichische Landgerichtsordnung von 1514 als Grundlage der Landgerichtsordnungen von Krain, Oberösterreich und KärntenJ) bezeichnete* 2), ging Hoegel noch weiter und dekretierte: „Die Landgerichtsordnung Ferdinands I. für Oberösterreich vom 1. Oktober 1559 war eine Nachbildung jener für Niederösterreich von 1540, von einem Einfluß der Carolina kann keine Rede sein“ 3). In Wirklichkeit sind die Beziehungen zwischen Oberösterreich und Niederösterreich verhältnismäßig bescheiden, wie sich aus einem Vergleich zwischen den beiden Ordnungen sofort zeigt. Verschiedene Bestimmungen, insbesondere über das Beweisrecht sind aus der CCC entnommen. Auch der Charakter der beiden Ordnungen ist verschieden: Polizei­bestimmungen, die einen erheblichen Teil des Inhalts der oberösterreichischen Ordnung ausmachen, finden sich in der Ordnung von Niederösterreich überhaupt nicht, ebensowenig wie die ausführlichen Bestimmungen über die einzelnen Inzichten. Die Quellen- und Kodifikationsgeschichte der oberösterreichischen Landgerichtsordnung bedürfte, zumal unter den hier angedeuteten Aspekten der Beziehung zu einer gemeinsamen Kodifikation für die niederösterreichischen Länder und des Einflusses der CCC einer eigenen Unter­suchung. V. Wenden wir uns wieder Steiermark zu! Beim Jahr 1546 angelangt, muß nun zunächst die Frage gestellt werden, was mit den vor diesem Datum anzusetzenden zwei Fassungen oder Entwürfen einer steirischen Landgerichtsordnung, die Byloff festgestellt hatte, geschehen ist. Der erste Entwurf wurde nach Byloff 1529 verfaßt, der zweite wohl um 1536 4). Sicher haben diese Texte noch in erheblichem Maß alte Rechtssätze enthalten; der Entwurf II, insbesondere sollte unter Berücksichtigung aller damals vorhandenen Landgerichtsordnungen als „Vergreifung oder Verfassung aus den rechtmessigen landgerichtsordnungen“ hergestellt werden und würde somit interessante Einblicke in die Verflechtung strafrechtlicher Bestimmungen bieten. Allein, die Entwürfe sind verschollen und auch anderweitiges neues Material konnte nicht gefunden werden. Häufig wird das Auftreten der Carolina 1532 als Anstoß zum Beginn von kodifi- katorischen Arbeiten in der territorialen Strafgesetzgebung angesehen, auch in Österreich. Nun ist richtig, daß im und seit dem vierten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts solche Arbeiten in einzelnen österreichischen Ländern stattfanden, teilweise auch Gesetzeskraft erhielten: Tirol bekam 1532 seine Landesordnung, die insbesondere im 7. und 8. Buch zahlreiche strafrechtliche Vorschriften umfaßt. In Krain wurde 1535 eine Landgerichtsordnung, die wesentlich auf der von Niederösterreich beruht, erlassen. In Niederösterreich wurde 1534 über eine Verbesserung der alten Landgerichtsordnung beraten, eine Verbesserung, die eine Konzentrierung der Landgerichte in wenigen Stellen in Form von Kollegialgerichten Entwurf dem König vorgelegt worden war. Der Verwirklichung dieses Plans stellten sich jedoch verschiedene, nicht näher bekannte Hindernisse entgegen, so daß 1562 der Sohn König Ferdinands I., Maximüian, von Linz aus in einem Brief an seinen Vater feststellen konnte, der frühere Plan einer Gesamtordnung sei „bisshero nit in würkhung khomben“ und eine Einigung sei hierüber auch nicht zu erwarten. *) Obwohl die Ordnung von Kärnten überhaupt keine Entsprechung mit Niederösterreich aufweist! 2) Österreichische Vierteljahresschrift f. Rechts- u. Staatswissenschaften 4, 1859, S. 132. 3) I S. 41. 4) S. 22 ff.

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