Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 50. Hermann Balti (Graz): Beiträge zur Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert

32 Balti, vorsah 1), jedoch nicht in Wirkung trat. In Steiermark wurden, wie Byloff darstellte, während des ganzen Dezeniums von 1529 an langwierige aber erfolglose Verhandlungen geführt und um die Aufrichtung einer Malefizordnung bemühte man sich seit 1529 auch in Kärnten. Aber solche Arbeiten wurden auch schon erheblich früher unternommen, lange vor dem Erscheinen der Carolina. Lus chin setzte die Anfänge einer (allgemeinen) öster­reichischen Landesgesetzgebung zuerst für Tirol an, wo 1487 auf dem Landtag zu Meran der erste Antrag auf Abfassung einer Landesordnung vorgebracht worden sei 2). Ob die von Pritz erwähnte verbesserte Gerichtsordnung für Linz von 1490 3) hieher gehört, ist zweifelhaft, wohl aber wurde im Mainzer Libell vom 8. April 1499 vom Entwurf einer Landrechtsordnung4) gesprochen. 1499 erließ Maximilian I. die Halsgerichtsordnung für Tirol, die teilweise Vorbild für spätere Ordnungen wurde. Die Forderung nach einer Landgerichtsordnung für Niederösterreich wurde von den Ständen 1509 erhoben 5) und in den ,,Artigkl der Lanndgericht des Furstentumb Oester­reich“ vom 21. August 1514 erfüllt 6). Die Stände Oberösterreichs verlangten am Landtag von Innsbruck, 1518, eine eigene Landgerichtsordnung, worauf ihnen von Maximilian am 24. Mai 1518 die Einführung der niederösterreichischen Landgerichtsordnung von 1514 auch in Oberösterreich angeboten wurde; auf die ablehnende Antwort der Stände erklärte sich der Kaiser bereit, eine gemischte Kommission aus Mitgliedern des Regiments und der Stände zur Beratung einer eigenen Ordnung einzusetzen 7). Über die weitere Ent­wicklung ist nichts bekannt. Auch eine Polizeiordnung könnte zumindest nach der Aus­drucksweise des dritten Innsbrucker Libells vom 24. Mai 1518 erlassen worden sein 8). Im gleichen Libell wurden übrigens die Landeshauptleute, Verweser, Vizedome usw. auf­*) A. Mell, Versuche zur Verstaatlichung der Strafgerichte in Österreich vor dem Jahr 1848, Zeitschr. d. Hist. Ver. f. Steierm., 14, 1916, S. 12 ff. 2) Österreichische Reichsgeschichte, Bamberg 1896, S. 352. 3) F. Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns, Linz 1847, II S. 724. 4) Max Vancsa, Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, Stuttgart 1927, II S. 583; vielleicht meinte Vancsa damit eine Landgerichtsordnung, da er die beiden Begriffe oft verwechselt. Das Libell ist nicht gedruckt. 5) Sammlung Chorinsky, Mise. Bd. I, 14. März 1509. Auf die landschaftliche Beschwerde, der Kaiser möge anordnen, daß ,,ain gemain lanndleuffige Lanndsgebreuch wie die Recht vnd Lanndgericht im Lannd gehalten . . . “ werden solle, in Schrift verfaßt werde, zur Beseitigung der bisherigen Mängel, antwortete der Kaiser, daß er, obwohl er in jedem seiner Länder das Recht reformieren wolle, dennoch einwillige, daß in Niederösterreich vom Regiment und einem ständischen Ausschuß eine solche Reformation der Rechte beraten und zur Entscheidung vorgelegt werde. Vgl. auch J. Strnadt, AÖG. 97, 1909, S. 190 und B. Seuffert, a. a. O., S. 382. Der Entwurf wurde übrigens von den Verordneten unter und ob der Enns gezeichnet, während die darauf beruhende Ordnung von 1514 nur für Niederösterreich in Kraft trat. 6) M. Vancsa, II S. 595, erwähnt irrtümlich, daß „das Strafverfahren des Landrechts von Öster­reich unter der Enns“ mit „Landgerichtsordnung vom 1. August 1514 geregelt“ worden sei. 7) Dies findet sich in der Antwort des Kaisers auf die Beschwerden der oberösterreichischen Stände: „der beschwärung und geprechen halber in den landtgerichten hat die kay. Maiestät kurzverschiner zeit dem lanndt Österreich vnnder der Enns ain Ordnung gevertigt . . . Solch ornung ist kay. Maierstät zufriden dem lanndt ob der Enns ob inen die gemaint ist auch zu vertigen . . . Vnnd als der ausschuss darauf antzaigt, wiewoll solch Ordnung in Österreich vnnder der Enns des merern tails guet sein, so möcht sy doch dem lannd ob der Enns in ettlich weg nit gelegen sein, vnnd deshalb commissarien bégért haben, darauf ist kay. Maiestät willig, ainen oder zwai vom Regiment auch zween von der lanndschafft von Österreich darzu verordnen sambt der lanndtschafft ob der Enns verordneten die gelegenhait der Sachen erkunden, die landt- gerichtsordnung von Österreich für sich nemen, darauf ain Ordnung begreifen . . . die wil ir Maiestät als­dann gepürlich vertigen . . .“, Landesarchiv Linz, Ständ. Arch. Urk. Nr. 21. Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Strassmayr. 8) Verschiedener Mißstände bezüglich der Gotteslästerer, des Zutrinkens, Kleiderpracht usw. halber „haben wir vns mit den Ausschüssen zimlicher Straff vnd Puess auch Ordnung vnd Policey ver­gleicht vnd dieselben in sonder Libell gestellt . . .“, Kärntner Landhandveste, S. 129. Dieses „Sonderlibell“ selbst ist jedoch nicht aufzufinden.

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