Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 42. Karl Eder (Graz): Bernhard Raupach (16821745). Ein Beitrag zur Historiographie der österreichischen Reformationsgeschichtc

Bernhard Raupach (1682—1745). 721 mit Raupach und mit anderen hervorragenden Männern seiner Zeit in regem Briefwechsel 1). Als Zeuge der Durchzüge von Salzburger Exulanten von Dezember 1731 bis August 1732 verfaßte er die lateinische Schrift: De Religionis Evangelicae in provincia Salisburgensi ortu, progressu et fatis commentatio historico-ecclesiastica (Lipsiae Chph. Breitkopf 1732), die F. W. Stübner im gleichen Jahre in Leipzig in deutscher Sprache herausbrachte. Im Jahre 1732 erbat sich Raupach von Schelborn 2) für seine innerösterreichische Reformations­geschichte die Gegenschrift des Stainzer Propstes Jakob Rosolenz gegen das Buch des Witten­berger Professors D. David Rungius über die Verfolgung des Evangeliums in Steiermark, Kärnten und Krain (1601). Der Band enthält bemerkenswerte Einzelheiten, so über Paul Speratus, über den ersten evangelischen Prediger Oberösterreichs Michael Stiefel, über den Reichshofrat Dr. Georg Eder und seine polemischen Schriften. Er bringt u. a. fünf Lutherbriefe an Dorothea Jörger, einen Brief der katholischen Königin von Polen, die in Linz lebte, an Juditha von Polheim (vom 16. Oktober 1568), der sich mit der Bibellesung befaßt, die Abbildung einer angeblich von Ferdinand I. auf die Kelchfreiheit geschlagenen Münze, die aber nach Raupach einen anderen Sinn hat, allerdings auch den Irrtum, daß Maximilian II. die sieben landesfürstlichen Städte des Landes ob der Enns mit der Freistellung der Religion begnadigt hätte. b) Der dritte Band nimmt eine Sonderstellung ein. Er enthält das auf die Visitation von 1580 bezügliche Material. Die Akten und ein Tagebuch, das der Rostocker Professor Lukas Backmeister (1530—1608) bei seiner Mission in Österreich geführt hatte, gerieten bei seinen Erben in Vergessenheit, bis sie Dr. med. Johann Backmeister, Professor und Physicus in Tübingen, der vor dreißig Jahren in Niedersachsen lebte, zu Dassow, einem Flecken in Mecklenburg, entdeckte und den Hauptinhalt der Öffentlichkeit bekannt machte. Über Bitte Raupachs überließ dieser Nachfahre Backmeisters seine Quellen dem Reformations­historiker Österreichs. Ihre Bedeutung liegt in dem Einblick, den sie in die inneren Verhält­nisse des österreichischen Protestantismus gestattet. Einzelheiten wie die Stärke der Be­wegung, die Rolle des Flacianischen Erbsündestreites, eine genaue Aufstellung über die protestantischen Adelsgeschlechter, Märkte, Schlösser und Dörfer u. a., waren auch einem Raupach bisher unbekannt geblieben. Der ganze Fund umfaßte 188 Einzelstücke. Raupach arbeitete die Akten, die sich auf die Jahre 1578 und 1579 bezogen, in den zweiten Band ein, veröffentlichte die Hauptmasse von 1580 im dritten, und die Stücke von 1581 im vierten Band. Er selbst hatte bei dieser Publikation zwei Bedenken niederzukämpfen: den Vorwurf der Veröffentlichung von Kleinig­keiten und den teilweise recht betrüblichen Stand der Dinge, der dadurch einer breiteren Öffentlichkeit enthüllt wurde. Das erste Bedenken erledigte er mit der Überlegung, daß jede Geschichte aus vielen Umständen bestehe, daß auch kleinere Umstände die Geschichte be­leuchteten, und daß viele Gelehrte alle Vorfälle eines bisher unbekannten Sachverhaltes wissen wollten. Das zweite Bedenken weiß er mit dem Vergleich eines frisch angelegten und von Unkraut nicht völlig gesäuberten Gartens zu zerstreuen, der mangelhaft beaufsichtigt, schlecht umzäunt und an einem unsicheren Orte gelegen sei. Im übrigen dürfe eine solche Kirche nicht nach der guten Ordnung der Gegenwart beurteilt werden. Nach der näheren Vorbereitung in drei Horner Zusammenkünften schildert Raupach den Verlauf der Visitation nach den vier Vierteln: ob dem Manhartsberg, ob dem Wiener x) D. Johann Georg Schelhorn’s Briefwechsel. Mit Einleitung und Erläuterungen herausgegeben von D. Friedrich Braun. München 1930 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 5). In den C'odd 1745 und 1746 verwahrt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg 43 Briefe Schelhorns an Rau­pach aus den Jahren 1733—1745. 2) Der Brief an Schelhorn vom 28. April 1732 unter Nr. 201 bei Braun, a. a. O., S. 421—423. Über das Buch Rosolenz’s, das 1607 zu Graz erschien, vgl. L. Schuster, Fürstbischof Martin Brenner (1898), und J. Loserth, Die Reformation und Gegenreformation in den innerösterreichischen Ländern im 16. Jahrh. (1898), an verschiedenen Stellen. 46

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