Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 42. Karl Eder (Graz): Bernhard Raupach (16821745). Ein Beitrag zur Historiographie der österreichischen Reformationsgeschichtc

722 Eder, Wald, unter dem Wiener Wald und unter dem Manhartsberg. Als Hauptursachen der Ver­wirrungen stellen sich heraus: der Mangel eines ordentlichen Kirchenregiments, ungeeignete Prediger, die Umtriebe der Flacianer, die Ungleichheit der Zeremonien, der schlechte Stand des Schulwesens, Mangel einer Kirchendisziplin, Ärgernisse und Angriffe der Römisch- Katholischen. Das Heilmittel wäre ein Konsistorium mit entsprechender Vollgewalt gewesen. c) Der vierte Band, der vorwiegend die Zeit der Gegenreformation und der katholischen Erneuerung umfaßt, bereitete seinem Verfasser sichtlich innere Schwierigkeiten. Muß er doch den Untergang seines Bekenntnisses, zu dem er aus Überzeugung steht, darstellen. Es wirkt symbolisch, daß das Titelbild Melchior Kiesi zeigt, der in seiner Person beide Kom­ponenten der katholischen Reformation, wie man damals sagte, vereinigte. Raupach spricht vom rechtgläubigen Häuflein, von denen, die zwar die Gemeinschaft mit der katholischen Kirche aufnahmen, aber deren Menschensatzungen, Aberglauben und „greuliche Irrtümer“ ablehnten. Die päpstliche Lehre sei an den Orten, die ihr abgesagt, nicht aus Überzeugung, sondern nur durch Gewalt und unablässige Bedrängnis wieder eingeführt worden. Krypto- protestantismus, besonders nach 1627, und politische Gegenreformation auf Grund des landes­fürstlichen Konfessionsbestimmungsrechtes sind Tatsachen; doch erschöpft sich die so bunt gestaltete Wirklichkeit nicht in dieser Vereinfachung. Die mächtige, auf Trienter Konzil, neue Orden und Reformpäpste gestützte Erneuerungsbewegung der alten Kirche kann ange­sichts neuer Forschungen nicht mehr übersehen werden. Immerhin hebt sich Raupachs Dar­stellung trotz der persönlichen Einstellung des Verfassers weit über das im Zeitalter der konfessionellen Polemik übliche Gezänke. In der Vorrede deutet er an, daß er mit Widerspruch rechnet. Will doch das Buch die Zerrüttungen des evangelischen Kirchenwesens durch die Flacianer, die Anfechtungen der zwei adeligen Stände wegen Zulassung ihrer unter katholischer Obrigkeit lebenden Glaubens­genossen zu ihrem Gottesdienst, die Veränderung an der Wiener Universität, die Bemühungen Klesls und der Jesuiten um die Wiederaufrichtung des Papsttums, die bei dieser Refor­mation überall gebrauchten Gewalttätigkeiten usw. bringen. Zu den vornehmsten Stücken dieser Historie rechnet Raupach die Vorfälle zwischen 1608—1610, sowie zwischen 1618—1619, also die Kämpfe zwischen Matthias und den protestantischen Ständen. Weiters die in den folgenden Jahren zwischen Ferdinand II. und den Ständen sich abspielenden Ereignisse. Er bemerkt mit Recht: „Die Ecclesiastica und die Politica konnten nicht getrennt werden.“ Folgenden Förderern spricht er seinen Dank aus: Johann Balthasar Ritter in Frank­furt a. M., Philipp Julius Rechtmeyer in Braunschweig, Johann Matthäus Barth in Regens­burg, Gabriel Wilhelm Goette in Zelle, David Stöltzl, Konrektor des berühmten Gymnasiums der Reichsstadt Ulm, besonders Johann Georg Schelhorn in Memmingen und einem unbe­kannten Gönner, den er nicht nennen darf. Dieser erlaubte ihm, ungedruckte Briefe evan­gelischer Prediger in Österreich an D. Polykarp Lyserus zu Dresden in der dortigen Bibliothek in Abschrift zu nehmen. Mit großem Nutzen gebrauchte er den Thesaurus Epistolicus des Pastors Wolf und für die Jahre 1581—1620 Khevenhüllers Annalen. Er hält zwar diese Annalen an sich für glaubwürdig, verbessert aber Fehler, die sich in Personen, Namen und sonst ein­geschlichen haben. Aus dem reichen Inhalte dieses Bandes ragen hervor: die Angaben über Klesls Leben, über den elenden Zustand des Evangeliums wegen des Erbsündestreites, der Wiener Hexen­prozeß von 1583, die Einführung des Gregorianischen Kalenders 1583, Eferding als Vorort des Flacianismus, die Angaben über Georg Scherer SJ., der zweite oö. Bauernaufstand und die Durchführung der Gegenreformation im Lande ob der Enns, die Rolle der Stände im Bruder­zwist, die Horner Verhandlungen 1609, die Berichte über Johannes Kepler, besonders sein Konflikt mit M. Hitzier in Linz, die Ereignisse von 1619, die Vorfälle in Österreich ob der Enns, endlich die Entwicklung nach der Wende von 1620. Aus der Zeit der Rekatholisierung

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