Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 42. Karl Eder (Graz): Bernhard Raupach (16821745). Ein Beitrag zur Historiographie der österreichischen Reformationsgeschichtc

Bernhard Raupach (1682—1745). 723 hebt er die Bemühungen des Wiener Bischofs um die Heiligen Verehrung, besonders um die Marien Verehrung hervor J). d) Der fünfte Band, die Presbyteriologia Austriaca, enthält den historischen Schema­tismus der Prediger, die von den Anfängen der Reformation bis zum Jahre 1624, bzw. 1627 im öffentlichen Lehramte standen. Hauptquelle für Österreich unter der Enns war Back­meisters Visitationsmaterial von 1580, doch entdeckte er in gedruckten und geschriebenen Büchern, in Briefen und Urkunden immerhin zu diesen ungefähr 300 Personen mehr als 120 weitere Namen. Männer, die sich ohne Grund selbst dazurechneten, z. B. flacianische Prediger, und solche, die von anderen ohne einen stichhältigen Beweis dazu gerechnet wurden, ließ er weg. In Österreich ob der Enns fand er nicht so viele Prediger. Davon ergaben vier Städte allein 50, darunter Steyr 25. Raupach schätzt diese 50 kaum auf ein Viertel oder Fünftel der Gesamtzahl. Als Ergebnis dieser Presbyteriologia stellten sich verschiedene Gruppen von Predigern heraus: Männer, die ihr Probejahr in Österreich ablegten und dann nach auswärts berufen wurden, und solche, die anderswo dienten, aber aus einem bestimmten Grunde abgesetzt wurden und nach Österreich gingen. Ihre Dienststellen waren entweder Kirchen der Herren und Ritter oder landesfürstliche Städte, Märkte und Flecken oder Kirchen einer katholischen geistlichen Obrigkeit. Unter diese Gruppe fallen ohne Zweifel die Passauer- und die Kloster­pfarren. Endlich nennt Raupach noch aufrichtige Prediger, die mehr Schaden als Nutzen an­richteten, besonders die Flacianer. Doch sammelte er auch ihre Schriften, einschließlich der Leichen- und Hochzeitspredigten. Wer je an einem historischen Schematismus gearbeitet hat, weiß um die Mühe, die gerade solche Nachforschungen auferlegen. Die Idee eines Personalbandes kam allerdings einer inneren Vorliebe Raupachs für die handelnden Personen, im großen und im kleinen, ent­gegen. Die vorausgegangenen Bände bekunden das Interesse des Verfassers an den maß­geblichen Personen in beiden Konfessionslagern. Man wird nicht fehlgreifen, wenn man ihn den Historikern zuzählt, die in erster Linie in Personen die treibende Wirkkraft der Ge­schichte erblicken. Es gibt zu denken, daß, von Vorarbeiten abgesehen, ein katholisches Gegenstück zu Raupachs Presbyteriologia fehlt. e) Der sechste Band, die „Zwiefache Zugabe“, legt, wie der Name schon andeutet, zwei ganz verschiedene Ergänzungen vor: ein Supplementum zur Presbyteriologia (S. 1—86) und eine zweite allgemeine Nachlese (S. 87—172). Es handelt sich um sechzehn, meist be­deutende Stücke, vorwiegend aus der Zeit Maximilians II. und der ersten Zeit Rudolfs II. Die Namensliste übersandte ihm M. Georg Cunrad Riega, Superintendent zu Stuttgart. Abschließend stellt das „Evangelische Österreich“ Raupachs ein wertvolles Werk der österreichischen Reformationsgeschichte dar, das in der Historiographie dieser Zeit einen Ehrenplatz einnimmt. Es wird immer denkwürdig bleiben, daß nicht ein Einheimischer, sondern ein Fremder den Mut aufgebracht hat, sein Leben für eine ihm an sich fernliegende Aufgabe daran zu geben. Fast wird man an des späteren Nietzsche Fernstenliebe gemahnt. Die anwachsende Fülle des Stoffes sprengte zwar die ursprüngliche Anlage des Werkes, das wohl kaum als ein sechsbändiges Opus gedacht war. Aber die Forschung sieht gerne über diese Unausgeglichenheit hinweg, da bei dem Grundcharakter der Bände als einer Quellen­sammlung der Schaden nicht allzu groß ist. Daß Raupach nicht schon längst seinen ihm ge­bührenden Platz in der Historiographie erhalten hat, ist dem Mangel einer spezifisch öster­reichischen Historiographie zuzuschreiben * 2). x) Raupach schreibt von der „Anbetung“ der Heiligen. Zur Errichtung der Mariensäule vor der Wiener Jesuitenkirche Am Hof 1647, die Ferdinand III. setzen ließ, notiert er: „Die bei der Einweihung der Säule vorgefallenen Umstände können von evangelischen Christen nicht ohne Verwunderung und Mitleid gelesen werden.“ 2) F. von Wegele, Geschichte der Deutschen Historiographie seit dem Auftreten des Humanismus (1885), und E. Fueter, Geschichte der neueren Historiographie (1911), bringen über Raupach nichts.

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