Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 36. Plans Kramer (Innsbruck): Agostino Patrizzis Beschreibung der Reise des Kardinallegaten Francesco Piccolomini zum Christen tag in Regensburg 1471

Patrizzis Beschreibung der Reise des Kardinallegaten Francesco Piccolomini. 551 sammen*). Die historische Literatur hat ausführlich dargestellt, wie es anstatt zu Be­sprechungen in Konstanz oder Rom zum sogenannten „Großen Christentag“ in Regensburg im Sommer 1471 kam und wie er verlief. Ich will es hier nicht wiederholen. Die Donau­stadt, nicht irgendwie durch ein früheres Ereignis anrüchig, lag für eine Tagung, zu welcher der Kaiser aus Österreich kommen sollte und auf welcher auch wittelsbachische, hohenzollerische und böhmische Probleme besprochen werden sollten, zentral und günstig. Schon im Jahre 1468 sollte dort ein Reichstag stattfinden, der nicht zustande kam, im Jahre 1469 wurde aber ein solcher dort abgehalten. Kaiser Friedrich hatte allerdings bereits 27 Jahre nicht mehr die österreichischen Erblande verlassen, so groß war seine Enttäuschung über den Nürnberger Reichstag von 1444 gewesen. Äußerlich schien nun der Christentag von Regensburg viel zu versprechen. Denn die Ankunft des so lange ferngebliebenen Kaisers wurde sehr gefeiert, der Besuch durch Fürsten und Gesandte deutscher Reichsstände und auswärtiger, nicht deutscher Mächte warsehr gut. Es kamen so zahlreiche glänzend gekleidete und bewaffnete Reisige zusammen, daß es schon damals hieß, daß sie ein ansehnliches Heer bilden und gleich von Regensburg aus gegen die Türken ziehen könnten. Aber selbst dieser reichbeschickte Tag verlief nahezu ergebnislos, und gerade im nächsten Jahrzehnt litten Krain, Steiermark und Kärnten, von den weiter östlich und südlich liegenden Ländern zu schweigen, fürchterlich unter den Türkeneinfällen. Die Tagung von Regensburg diente allerdings auch der Erörterung innerdeutscher Angelegenheiten, wie dem Bruderzwist zwischen Albrecht IV. und Christoph von Bayern-München * 2), der Feindschaft des Pfalz­grafen Friedrich gegen den Kaiser 3), der Lösung des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg vom Kirchenbann4) (seit 1470) usw., während die bedeutsame böhmische Frage durch den plötzlichen Tod des Königs Georg Podiebrad am 22. März 1471 noch ungeklärter geworden war 5). Besonders aber sollte nach dem Wunsche des Kaisers vom Regensburger Tage eine neuerliche Einführung des Landfriedens in Deutschland ausgehen. An einem solchen Christentage mußte sich die Kurie beteiligen. Paul II., der prunk­liebende Venezianer, der den Übergang vom besseren frühesten Renaissancepapsttum zu den üblen Papaten des spätesten 15. Jahrhunderts darstellt, besass nicht den großen Eifer seiner beiden Vorgänger, Calixt III. und Pius II., Europa oder mindestens Italien im Kampf gegen die Türken zu einigen. Zum Christentag ging er nun nicht selbst, sondern er sandte in sehr geschickter Wahl eine der edelsten Gestalten seiner Kurie, den Kardinal Francesco Piccolomini, Erzbischof von Siena. Sein Onkel Pius II., der berühmte Enea Silvio de’Piccolomini, hatte ihn im Jahre 1460 im Alter von erst 23 Jahren zum Kardinal erhoben, aber hier hatte Nepotismus einmal zu etwas Gutem geführt. In der Beurteilung des ernsten, pflicht­bewußten, von allem kúriaién Renaissancetreiben im üblen Sinne abseits stehenden Mannes, der noch als Pius III. ein ganz kurzes Papat erleben sollte (1503), stimmt ältere und neuere, auch nichtkatholische Geschichtsschreibung im allgemeinen sehr lobend überein. In der Geschichte der nationalen Protektorate der Kardinäle an der römischen Kurie hat x) Vgl. z. B. Bachmann, 2. Bd., S. 183 f., Pastor, 2. Bd., S. 425 f., Kraus, 1. Bd., S. 511; Ferdinand Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, 7. Bd., 3. Auflage, Stuttgart 1880, S. 222 f. 2) Vgl. Sigmund Riezler, Geschichte Baierns, 3. Bd., Gotha 1899, S. 482 ff.; Reissermayer, 2. Teil, S. 53 f., 57 f.; Kraus, 1. Bd., S. 455; über die Beziehungen Francesco Piccolominis zu den Wittels­bachern vgl. Josef Schlecht, Pius III. und die deutsche Nation, Kempten-München 1914 (Sa. aus der Hertlingfestschrift), S. 13 f.; Herzog Albrecht IV., ,,der Weise“, von Bayern-München hatte am 23. Fe­bruar 1471 in München seinen Bruder Herzog Cliristoph verhaften lassen, was großes Aufsehen erregte. Letzterer erlangte erst nach dem Regensburger Christentag die Freiheit. 3) Reissermayer, 2. Teil, S. 8 und ö.; Bachmann, 2. Bd., S. 302 ff., 368 ff.; Kraus, 1. Bd., S. 456 ff.; über die Regierung des Pfalzgrafen Friedrich Allgemeine Deutsche Biographie, 7. Bd., S. 593 ff. 4) Albrecht Achilles von Brandenburg wurde am 21. Mai 1471 in Regensburg vom Banne gelöst. Vgl. Pastor, 2. Bd., 3./4. Auflage, S. 438, Beilage Nr. 106 (Breve Pauls II. an Albrecht Achilles vom 20. Juli 1471), S. 778; über die Beziehungen Piccolominis zu diesem Fürsten Schlecht, Pius III., S. 12. 5) Bachmann, 2, Bd., S. 321 f.; Kraus, 1. Bd., S. 520.

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