K. K. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale 8. (Wien, 1911)

Wilhelm Franz: Archivfürsorge Österreichs in Italien

die geheime Hof- und Staatskanzlei, an den Hofkriegsrat und an die Hofkommission über die reichshofrätlichen Akten abgetreten. Die Absonderung und Verzeichnung dieser Be­stände erforderte naturgemäß auch Zeit und Mühe, so daß, wer Einblick in archivalische Arbeiten besitzt, die Leistun­gen des Mailänder diplomatischen Archivs bei der geringen Zahl von Beamten immerhin wird anerkennen müssen. Obwohl erst einige Jahre später fallend, mag gleich hier ein oh seiner Kühnheit überraschender Plan des Di­rektors Settala erwähnt werden, weil er nur das diploma­tische Archiv betrifft. Zu Beginn des Jahres 1826 regte Settala bei dem Gubernium die Herausgabe eines litho­graphischen Faksimilewerkes auf Staatskosten an, das alle in dem seiner Leitung unterstehenden Archive vorhandenen Urkunden vom 8. bis zum 12. Jahrh. umfassen sollte. Diese Dokumente, die bisher nur unvollkommen gesammelt seien, sollten so allgemein für die Geschichtswissenschaft zugäng­lich gemacht werden. Es ist klar, daß in jener Zeit ein solches Unternehmen schon wegen des enormen Kosten­aufwandes, den es erforderte, scheitern mußte. Einmütig sprachen sich auch das Fiskalamt, die Generalarchivdirek­tion, das Gubernium und die Hofkanzlei unter Anerkennung von Settalas löblichem Eifer gegen seinen Antrag aus, weil der Absatz des Werkes die Deckung der bedeutenden Kosten nicht erhoffen lasse und weil man fürchtete, es könnte aus einer amtlich veranstalteten Edition eine Authentizität der Dokumente und deren Übersetzung abgeleitet werden, welche nicht in der Absicht der Regierung liegen soll. So verlief die Anregung Settalas, die bei ihrer Realisierung wohl das größte Faksimilewerk älterer Zeit gezeitigt und der Diplomatik zweifellos einen gewaltigen Impuls gegeben haben würde, im Sande. Das große Urkundenarchiv in der Canonica, Uber das bisher gesprochen wurde, war natürlich nicht das einzige Archiv in Mailand. Über das in dieser Stadt angehäufte ungeheure archivalische Material gewinnen wir einen er­Arcliivfürsorge Österreichs in Italien. 47

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