K. K. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale 6. (Wien, 1907)

Oswald Redlich: Das Archivwesen in Österreich

6 Oswald Redlich Archivleitung ferner die Erwerbung auch nichtstaatlicher Archivalien anstrebt, wenn diese hiezu geeignet sind und Gefahr der Verschleppung oder Vernichtung droht; indem endlich geeignetenfalls ein passender Austausch mit anderen Archiven oder Bibliotheken und anderen Anstalten angebahnt wird. Auch die Deponierung von nichtstaatlichen Archivalien unter Wahrung der Rechte des Besitzers soll im Interesse der Erhaltung und Zugänglichmachung solcher Archivalien ins Auge gefaßt werden“. Auch in diesen Richtungen hat die Archivorganisation bereits Früchte getragen. Ältere Bemühungen wurden neu belebt, an anderen Orten wurden solche Bestrebungen energisch aufgenommen. Die Not­wendigkeit der Einziehung und Konzentrierung des nament­lich hei Gerichtsbehörden, Bezirkshauptmannschaften und Steuerämtern liegenden älteren archivalischen Materials gestaltet sich ja allenthalben immer dringender. Die Klagen über Raummangel bei den Unterbehörden nehmen täglich zu, die alten, wenig oder gar nicht gebrauchten Akten und Bücher müssen sich natürlich oft mit dem schlechtesten Raume begnügen, werden zusammengepfercht, vernachlässigt, gefährdet. Hier müssen die staatlichen Provinzialarchive eingreifen, müssen maßvoll und allmählich zentralisieren. Die zeitliche Grenze, bis wie weit herab eine Einziehung stattfinden soll, ergeben die Bedürfnisse der praktischen Verwaltung. So lange Akten noch häufig bei der Bezirks­hauptmann schaft, beim Bezirksgericht selbst gebraucht werden, ist es vernünftig und einzig richtig, sie auch da­selbst zu belassen; eine vorzeitige und überhastete Zen­tralisierung neuerer Aktenbestände in einem Provinzialarchiv fördert nicht die Verwaltung, sondern verlangsamt oder schädigt sie gar; das Archiv selbst aber wird erdrückt durch das „Priorieren“ für das ganze Land und vermag der zusammengehäuften Aktenmassen archivalisch gar nicht mehr Herr zu werden. Das k. k. Archiv für Niederösterreich (Statthalterei­archiv) in Wien hat mit der Einziehung der bei den Ge­richtsbehörden Niederösterreichs erliegenden Archivalien

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