Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1873

18 Bei der Rückgabe und Durchnahme, die möglichst bald nach der Einlie­serung zu erfolgen hat, empfiehlt sich zur Verhütung des Abschreibens und deS unselbstständigen Anfertigens der Arbeiten zuerst mündliche Kontrolle und Durch- sprechnng der Arbeit, welche ergeben wird, welcher Art dabei die Thätigkeit der einzelnen Schüler war. Sodann sind solche Fehler herauszuheben, welche für die ganze Classe lehrreich sind und daran schließt sich endlich die kurze Be­sprechung aller andern Verstöße, die gemacht worden sind. Jetzt wird das Mundum vom Lehrer mitgetheilt und bis zum Einliefe­rungstermin der nächsten Aufgabe ist von allen Arbeiten, die nicht die Note „ausgezeichnet" oder „vorzüglich" erhalten haben, eine Verbesserung zu machen, die vom Lehrer noch einmal durchgesehen und korrigirt werden muß. Damit diese Verbesserung möglichst fehlerfrei ausfalle, ist es zweckmäßig am Schluß der Stunde das Exercitium bei zugeschlagenen Heften mündlich übersetzen zu lassen, eine Uebung, welche von Zeit zu Zeit auch mit den frühern Pensen wie­derholt werden kann. Wenigstens einmal im Semester ließ ich die Schüler in der Schule unter meiner Aufsicht eine schriftliche Aufgabe machen, wobei sie Grammatik und Lexikon benützen durften. Dadurch wollte ich erproben, was jeder Schüler arbeiten könne und erfahren, wie er sich bei der Anfertigung anstelle. Außer den häuslichen Arbeiten, an denen der Schüler in ruhiger Geistes­arbeit Gelerntes anzuwenden, über nicht vollkommen Begriffenes durch eigenes Nachdenken zur Klarheit gelangen. Vergessenes von neuem sich zu vergegenwär­tigen lernt, habe ich regelmäßig zweiwöchentlich eine Composition machen lassen, um die Schüler auch daran zu gewöhnen, die sprachlichen Gesetze bereit Ver- ständniß ihnen erschlossen ivorden ist, beständig gegenwärtig und die Phraseologie aus Cäsar zur Anwendung bereit zu haben. Ich habe zu diesem Zwecke immer solche Stoffe gewählt, bei denen der aus der Lektüre gewonnene Reichthum an Ausdrücken verwendet oder auf Anwendung der dort vorgekommenen Satzfügun­gen gerechnet wurde. So nämlich gewinnt die Lektüre eine intensivere Auf­merksamkeit und die schriftlichen Uebungcn erhalten dadurch den Boden, auf dem sie allein gedeihen können, den der Nachbildung der sorgfältig angeeigneten Lek­türe. Zugleich sind diese Extemporalien ein vorzügliches Mittel die Schüler zur Repetition des Gelesenen zu nöthigen. Zunächst bezeichnete ich den Schülern den Abschnitt, den die Composition umfaßen würde, es waren gewöhnlich 6—7 bereits übersetzte, erklärte und me- morirte Kapitel. Darauf hatten sie sich genau vorzubereiten und sich mit dem gesammten darin vorkommenden lexikalischen Materiale vertraut zu machen. In der ersten für Grammatik bestimmten Stunde der Woche, Mittwoch, überzeugte ich mich von der gewissenhaften Präparation, indem ich einzelne Ausdrücke, Phrasen und ganze Sätze retrovertiren ließ. Zuerst wurde immer die Frage ge­stellt und dann der Schüler zur Beantwortung aufgerufen, um die Aufmerk­samkeit der gesammten Classe wach zn erhalten. Ich muß übrigens sagen, daß

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