Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1873

16 sars. Es wurde gefordert genaue Vokabelnkenntniß, klare Uebersicht über die Construktion, Vertrautheit mit den bezüglichen bereits dnrchgenommenen syntak­tischen Regeln. Es mußte also von dem Schüler ohne meine Beihilfe eine mög­lichst treue Uebersetzung der vorliegenden Stelle geliefert werden. Bei der Durchbrechung und Correktur ergab sich nun vielfach Gelegen­heit auf frühere Regeln zurückzugehen und so dieselben immer aufs neue aufzu- frischen und im Gedächtniße zu befestigen. Bei einem solchen Zurückgreifen dient erfahrungsgemäß als geeigneter Anknüpfungspunkt das bei jeder Regel aus- weudiggelerute Normalbeispiel, weil dadurch oft das Gesetz einer sprachlichen Erscheinung, die sich in ihm abspiegclt, klarer und das Verständniß desselben zum dauerndern Besitz als durch alle abstrakten Regeln gemacht wird. Wie häufig macht man die Erfahrung, daß Schüler Regeln perfekt her­sagen, aber bei dem einfachsten Satz nicht anwenden können, während doch die Aufgabe der Schule ist den Schüler in den Stand zu setzen, die grammatischen Gesetze der fremden Sprache mit sicherem Bewußtsein zur Anwendung zu brin­gen. Mit Rücksicht darauf gewinnt die Sammlung von Beispielen fals Ver­körperungen dieser Gesetze eine wesentliche Bedeutung. Ich habe für die einzel­nen Abschnitte in der Grammatik jedesmal aus dem gelesenen nnd memorirten Abschnitte Cäsars Sätze herausgezogen und sie den Schülern diktirt. Nicht selten waren diese nach Form und Inhalt die angemessensten und hafteten auch bei den Schülern am längsten. Passende Beispiele von den Schülern zu Hause suchen und aufschreibcu oder in der Stunde bilden zu lassen, halte ich im ersten Falle für zu mühsam und zeitraubend, im zweiten Falle für zu schwierig. Demnach sind nicht die syntaktischen Regeln Hauptsache und etwa die Exemplification und die schriftlichen Arbeiten nur dazu da, um nachträglich zur Veranschaulichung der Regeln zu dienen, sondern der Schwerpunct liegt in dem Verständniß der Anwendung und in der Fähigkeit sich in dem Fremden Idiom möglichst richtig auszudrücken. Nur so hört die Syntax auf, für den jungen Geist eine bloße Sammlung abstrakter Behauptungen zu sein, die er sich eben merken muß, deren Nutzen er aber nicht einsieht, während er sie lieb gewinnt, wenn er sich überzeugt hat, sie verhelfen ihm zur Verfertigung guter Arbeiten und zu dem angenehmen Gefühle etwas zu können. Die Erfahrung lehrt, daß der Schüler nichts so frisch auffaßt, und darum auch nichts fester sich ein­prägt, als das, wovon er die Anwendbarkeit im eigenen Gebrauch erkennt. Da­her müssen mit dem grammatischen Unterricht die schriftlichen Arbeiten Hand in Hand gehen. Ist ein oder sind mehrere Abschnitte aus der Syntax genau durchgenom­men, durch eine Menge Beispiele und mündliche Uebersetzungsübungen vollkom­men zum Verständniß der Schüler gebracht worden, so wird darüber eine Auf­gabe zur häuslichen, schriftlichen Ausarbeitung gegeben. Diese Aufgabe soll aber ja nichts enthalten, was der Schüler noch nicht wissen fann»

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