Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1872
32 Reichssiegel entwendet. Die Mörder ereilte die Strafe bald. Peter wurde von den Getreuen der Königin noch in derselben Nacht ermordet und Benedict starb durch Henkershand; gegen die mittelbaren Theilnehmer der Verschwörung wagte der König aber keine Strenge, wenngleich dieselben sogar seine Absetzung beabsichtigt hatten; ja selbst die Untersuchung, welche der Papst gegen den Erzbischof von Gran wegen Theilnahme am Verbrechen wollte anstellen lassen, verhinderte er. Doch nicht nur die Abhängigkeit des Königs von dem höhern Adel, sondern auch seine Unterwürfigkeit unter die Anordnungen des Papstes und der höhern ungarischen Geistlichkeit verursachten dem Reiche viele innere Streitigkeiten und beeinträchtigten die Macht Krone. Als der König, vom Papste gedrängt, den Kreuzzug unternahm und nach dem erfolglosen Ausgange desselben bei seiner Rückkehr das Reich in Unordnung fand, wandte er sich bittend an den Papst, damit dieser der entstandenen Gesetzlosigkeit steuere. Bei ihm suchte er auch später gegen den Erzbischof von Gran Hilfe. Der König hatte nämlich, weil er stets in Geldnoth war, die Münze, den Geldwechsel und mehrere königliche Gefälle für hohe Preise an Juden und Muhamedaner verpachtet. Die Umgriffe und Bedrückungen der Pächter erzeugten aber allgemeinen Unwillen, so daß der König in der goldenen Bulle und im Dekrete vom Jahre 1231 versprach, diese Gepflogenheit aufzuheben. Als aber dessenungeachtet der König sein Versprechen nicht vollzog und die Pächter täglich dreister wurden, sprach der Erzbischof von Gran, vereint mit den päpstlichen Legaten, im Jahre 1232 über das ganze Reich das Jnterdict ans. Zwar gelang es dem König, durch Vermittlung mehrerer Prälaten den Erzbischof zu bewegen, den Vollzug des Bannes aufzuschieben, aber der Papst, bei dem der König inzwischen Klage geführt hatte, bewilligte die Aufhebung des Bannes nur gegen bedeutende der Geistlichkeit verliehene Rechte. Außer der gänzlichen Entfernung der Juden und Muhamedaner von allen Aemtern wurde den Kirchen die Rückerstattung der ihnen entzogenen Salzgefälle und der Ersatz des erlittenen Schadens zugesichert, die »Grenzen der geistlichen Gerichtsbarkeit erweitert und die Geistlichen für ihre Person von aller Steuerentrichtung befreit. So von Adel und Geistlichkeit in der königlichen Macht beschränkt, war der König zu schwache ie durch seine Günstlinge hervorgerufenen inneren Streitigkeiten, so wie die durch die Herrschsucht seiner Söhne entstandenen Familienzwiste mit thatkräftiger Hand niederzuhalten. Sein ältester Sohn Bela ergriff sogar, von mächtigen Verbündeten unterstützt, die Waffen gegen den Vater, um ihn zum Widerrufe der verfassungswidrigen Schenkungen zu bewegen. Und wenn auch durch Vermittlung der Geistlichkeit der Friede zwischen Vater und Sohn zu Stande kam, so wußten die mit widerrechtlichen königlichen Gütern betheiligten Reichsbarone neuen Unfrieden zwischen Vater und Sohn zu stiften. Vom Papste ausgesöhnt, erbitterte aber der König seinen Sohn wieder, als er von seinen Günstlingen, den Feinden des Thronfolgers, bewogen, ihm die Statt-