Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1872

25 nung sollte aber nicht bedeuten, daß die Deutschen nur Gäste im Lande seien, die nach Erfüllung ihrer Aufgabe wieder gehen könnten, woher sie gekommen. Das Wort bezeichnete in der Sprache des ungarischen Mittelalters alle Aus­länder, wurde aber immer als ein Ehren- und Liebeswort gebraucht. Später kam dasselbe außer Gebrauch und die Könige nannten die deutschen Ansiedler in ihren Urkunden und Freibriefen: „Sachsen," eine Benennung, die schon zur Zeit Heinrich's I. und Otto I. in Ungarn auf alle Deutschen ausgedehnt wurde. Unter den Ansiedlern selbst war Sachse und Deutscher gleichbedeutend; aber der sächsische Landmann nennt auch heute noch den Nationsgenossen zum Unter­schiede von andern Volksgenossen häufiger und lieber: „den Deutschen." Die im Freibriefe gebräuchliche Bezeichnung „hospites" schmälerte also durchaus nicht das Recht der Sachsen auf ihren Grund und Boden. Schon Gehsa hatte bei ihrer Einberufung ihnen das Land in ihr unbeschränktes Eigenthum über­geben, denn sonst wären die Väter wohl nicht Hunderte von Meilen hergezogen, um auf einem blos zeitweilig verliehenen Grunde die Knechte eines fremden Volkes zu sein und dessen Landes-Grenzen gegen die Kumanen zu schienen. Andreas bestättigte also die Schenkung seines Großvaters, indem er in seinem Freibriefe den Sachsenboden „ihr Land" nannte und dazu verordnete, daß Keiner von seinen Großen es je wage, Theile ihres Gebietes zu fordern; wenn es aber geschehe, so sollten die Ansiedler kraft ihrer Freiheit Widerspruch einlegen. Deshalb be­sitzen die Sachsen durch den andreanischen Freibrief den Sachsenboden als ihr echtes Eigenthum mit vollem Eigenthnmsrecht. DieAusschließung fremdet: Grundbesitzes gab den Sachsen das ausschließliche Bürgerrecht auf Sachsenboden, ein ge­eignetes Mittel zur Erhaltung ihrer nationalen Selbststän­digkeit. „Niemand darf es wagen, ein Dorf oder einen Theil ihres Gebietes zu fordern." Aus diese Worte des Freibriefs sich berufend, haben die Sachsen das ausschließliche Bürgerrecht auf ihrem Boden in Anspruch genommen und Jahrhunderte lang bewahrt. Sie sahen ein, daß ihre Colonie im fremden Lande nur durch eigene, innere, ungeschwächte und unvermischte Kraft gedeihen und erstarken könne. Deshalb gestatteten sie fremden Völkern, die in Bildung, Recht und Sitte weit unter ihnen standen, die Ansiedlung auf ihrem Boden nicht, damit ihr Volksthum unter dem Druck der fremden Menge nicht uutergehe und ihre Sprache nicht verstutnme. Der König gewährte ihnen willig diese nationale Einheit, um den Bestand der Colonie auf Jahrhunderte hinaus zu sichern; er that es aber auch zum Wohle des Reiches, denn deutsche Bildung und deutscher Fleiß schuf die Wüste um zu einem menschlichen Wohnsitze und schmückte das Land mit reichen Städten und blühenden Dörfern. Mit zäher Ausdauer haben die Sachsen dieses für ihr kleines Volk so wichtige Recht gegen fremde Angriffe vertheidigt, bis der Landtag vom Jahre 1790|91 es ihnen nahm und dem ungarischen Adel den Erwerb von Grundbesitz auf Sachsenboden ge­stattete. Auch den andern Nationen Siebenbürgens brachte das Jahr 1848

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