Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1872

26 diese Befugniß und unsere neue Zeit kennt das ausschließliche EigenthumSrecht der Sachsen auf Sachsenboden nicht mehr. Der goldene Freibrief gewährte den deutschen Ansiedlern auf ihrem freien Boden vollkommene Rechtsgleichheit, ver­hinderte dadurch die Entstehung eines mächtigen Adels in ihrer eigenen Mitte und bewahrte sie vor Leibeigenschaft. Die wirrvolle Zeit Andreas II., wo Gewalt und Macht herrschte, hatte die ur­sprüngliche Gleichheit der Ansiedler aufgehoben und mancher Reiche hatte sich Vorrechte angemaßt, die, mit schwerem Drucke auf dem Armen lasteten. Des­halb beseitigte der König im Freibriefe die Gefährdung des freien Bürger­thums: „Wir überlaßen die Waldung mit allem dahin Gehörigen und die Be­nützung der Gewässer zu freiem Gebrauch Allen, sowohl Reichen als Armen, und kein großer Gutsbesitzer, oder ein Anderer, der innerhalb ihrer Grenzen wohnt, darf sich von der Reichssteuer ausschließen, außer wer sich darüber eines besondern Freibriefs erfreut." Mit diesen Worten wollte der König aus- drücken, daß die deutschen Ansiedler, die alle zur Urbarmachung des Bodens gleiche Mühe angewandt und bei der Vertheidigung des Landes gleichen Ge­fahren ausgesetzt waren, auch Alle gleiche Rechte und Pflichten besitzen sollten. Der goldene Freibrief war es also, der den Sachsen das freie und gleiche Bürgerthum mit vollkommener Rechtsgleichheit sicherte. Umgeben von Völkern, die nur Herrn und Knechte kannten, bildeten sie ein freies Gemeinwesen, ohne Adel, ohne Leibeigenschaft. Stolz auf dieses edle Recht bezeichnete der Sachse mit dem Worte „Bürger" den freien Mann. Aus dem freien Bürgerthum der sächsischen Städte entwickelte sich unter der Negierung der ungarischen Könige ein blühendes Gewerbewesen, das damals ebenbürtig dastand neben dem der volkreichsten Städte im deutschen Mutterlande, das den Wohlstand des Landes hob und so die Sachsen des königlichen Denkspruches: „zur Erhaltung der Krone" nicht unwürdig machte. Die vom König in seinem Freibrief gewährleistete Markt- und Zollfreiheit, der unentgeltliche Bezug des Kleinsalzes, die Befreiung von der Plage des Münzwechsels und die abgaben­freie Benützung von Wald und Gewässer sorgte für die äußere Wohlfahrt der deutschen Colonie, hob Handel und Gewerbe und beförderte Cultur und Bildung. Zum Gedeihen einer neuen Pflanzung gehört zwar nothwendig und in erster Reihe der Fleiß der An­siedler, welcher dem Boden die Erzeugniße abgewinnt; sollen aber die innern Kräfte der Colonie nachhaltig vermehrt und die fortschreitende Wohlfahrt der­selben gesichert bleiben, so müssen die rohen Naturproducte verarbeitet und der Absatz der gewonnenen Gewerbserzeugniße erleichtert und geschützt werden. Dafür sorgte Andreas, indem er den Sachsen in seinem Freibriefe Zoll-, Han­dels- und Marktfreiheit ertheilte. „Zu den obenerwähnten Freiheiten fügen wir noch hinzu, daß ihre Kaufleute in unfern Reiche frei und ohne Zölle reisen

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