Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1870
7 die Bewirthung beinahe auf allen Stationen gut, der Wein echt gewesen und daß dieser in Ungarn anders als in Siebenbürgen, nämlich nach Jtzen abgemessen worden und daß eine Jtze 10 kr. gekostet habe. Von Arad brachen sie den 8. September auf und gelangten bis Oroßhäz. Der Anblick der Pußta machte auf Klein anfangs nicht den unangenehmen Eindruck, den er nach den Schilderungen, die man ihm von ihr gemacht, erwartet hätte. Er sagt: „die Schilderungen, welche man mir von der Pußta gegeben hat, sind vielleicht in übler Laune gemacht worden, denn so schrecklich ist es hier nicht. Es ist nichts weiter als eine große, 4 Tagereisen lange Ebene ohne Wald und Schatten, aber Kornfelder, Brachfelder, Wiesen und Kukurutzfelder gaben der Landschaft hinlängliche Abwechslung." Als er aber an die Theiß gelangte und die Räder des Wagens einen halben Schuh tief in den Saud eiuschnitten, da wurde er freilich anderer Meinung. Am 9. September kamen sie nach Nagy-Körös, wo sich der lustige Baußneru unter die Musikanten mischte und wacker mitmusicirte. Am 11. September trafen sie in Pest ein, hielten sich aber hier nicht lange auf, sondern reisten noch denselben Tag weiter bis Veresvär und von da ohne einen längern Aufenthalt über Neudorf, Raab, Attenburg, Bruck, wo ihre Sachen verzollt wurden, und Schwechat nach Wien. Am 15. September, 4 Uhr Nachmittags, zogen sie in ' die alte Kaiserstadt ein und hielten sich daselbst bis zum 20MSeptember auf. Die kaiserliche Residenz machte einen gewaltigen Eindruck auf Klein, der neue, ungewohnte Anblick setzte ihn in Erstaunen. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend finden wir ihn auf der Wanderschaft um die Merkwürdigkeiten Wien's auszusuchen, seine reichen Kunstschätze zu genießen. Er durchschritt die engen „in ewigem Schatten" liegenden Straßen mit ihren 5 bis 6 Stock hohen Häusern. Ter Stephansthurm, die vielen Kirchen, die prächtigen Gebäude und unter diesen besonders der Trattneihof, von dem er gehört hatte, daß er stündlich einen Dukaten Miethzins eintrage, betrachtete er mit stummer Verwunderung. Er besuchte das Mineralien- und Naturaliencabiuet, das Belvedere, die Jngenieurakademie und den Schwarzenberggarten, den er aber bei weitem nicht so schön fand, als den Bruckeuthalischeu in Freck. Sonntag den 19. September war er in der protestantischen Kirche, wo er Wächter mit „hinreißender Beredsamkeit" predigen hörte. Ausflüge in die reizende Umgebung Wien's konnte er wegen der Kürze seines Aufenthaltes wenige machen, nur Schönbrunn chat er besucht. Garten und Schloß gesielen ihm sehr, vor allem Anderen aber machte aus das für alles Romantische so sehr empfängliche Gemüth deö jungen Studenten die bekannte künstliche Ruine einen tiefen Eindruck. Und doch gefiel es Klein in Wien nicht. Die große Stadt mit ihrem immerwährendem Lärm und Getöse betäubte nur seinen Sinn, ließ aber sein Herz leer und kalt. „In Wien würde mir das Leben nicht gefallen" schrieb er, „es ist zu rauschend."