Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1863
10 Kreon also tritt auf, der als Oheim der gefallenen Brüder mütterlicher Seitsogleich den Thebanifchen Thron bestiegen hatte, und theilt in der ersten Zwischen- Handlung (erstes Epeisodion V. 163 — 331) obigem Chore der Alten seine Regie- rungögrundsätze mit, denen zu Folge er, alle Nebenrückfichten dem Gesammtwohl deS Staate» unterordnend, befohlen habe, dem EteolleS als dem fürs Vaterland ehrenvoll gefallenen Fürsten ein ehrenvolles Begräbniß angedeihen zu lassen, dem PolyneikeS aber als Feind des Vaterlandes jede Bestattung zu versagen bei Strafe deS SteinigungStodeS für den etwaigen Untertreter dieses Gesetzes. Trotz dieses furchtbaren Verbotes — furchtbar schon um deS Todtenwillen , weil nach der Ansicht der Alten ein Verstorbener so lange keine Ruhe in der Unterwelt hat, als er nicht bestattet ist— und trotz der Wachsamkeit der Leichenhüter war PolyneikeS beerdigt worden. Dies meldet jetzt ein herbei eilender Wächter dem Könige Kreon, welcher im höchsten Grade darüber erzürnt und Bestechung voraussetzend dem Wächter im Falle der Nichtentdeckung deS ThäterS daS Aeußerste androht und dann fich entfernt. Jndeß überläßt sich der Chor, welcher in diesem Vorfälle eine höhere göttliche Hand erblickt (V.278 f.) in seinem ersten Standlied (erstes Stasimon V. 332-375) folgenden Betrachtungen über die bewunderungswürdigen GeisteSgaben deS Menschen und deren verschiedenartige Anwendung: Erste Strophe. Mannigfaltig Und gewaltig Sind die Dinge in der Welt. Aber über alle hochgestellt. Setzt der Mensch selbst unverzagt Ueber's nebelgraue Meer, Tob' der Süd auch noch so sehr; Werd' er tosend rings umstürmet Von den Wogen hochgethürmet, Dennoch wird die Fahrt gewagt. Auch der Muttererde allgewalt'ge Göttcrkraft, Sie, die stetig sich verjüngend unerschöpflich schafft, Wird — alljährlich durch des Pfluges Roßgespann Ganz'zermalmet—seinem Willen unterthan Erste Gegenstrophe. Leicht entschlüpfend Und enthüpfend Fängt sich doch der Vögelschaar; Und das Wild deS Waldes nimmtö nicht wahr,