Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Ferenc Vadas: Stadtplanung in Budapest im 19. Jahrhundert

24 Einfluss haben. Das Mittel dafür wurde eine besondere Organisation: der Hauptstädtische Rat für öffentliche Arbeiten, der nach dem Londoner Modell eingerichtet wurde. Die Hälfte seiner Mitglieder wurde von der Regierung und die andere Hälfte von der Stadtbehörde delegiert. Dieser war die Spitzenorganisation für die Stadtgestaltung und gleichzeitig die zweitinstanz­liche Baubehörde. Er verfügte über eigene Budgetmittel (Hauptstädtischer Geldfond), der die für Regulierungsarbeiten nötigen Zwangsenteignungen ermöglichte. Aufgabe des 1870 aufgestellten Hauptstädtischen Rates für öffentliche Arbeiten war es, den Regulierungsplan für beide Städte auszu­fertigen und eine neue Bauordnung auszuarbeiten. Die Schaffung des Hauptstädtischen Rates für öffentliche Arbeiten (FKT), bzw. des mit seiner Tätigkeit am meisten zusammenhängenden Stadtbauwerks ist mit der Person vom Ministerpräsident Gyula Andrássy verbunden. Die eigentliche Ausarbeitung ist aber mit dem Namen von Ferenc Reitter verknüpft, dessen Denkschrift von Dezember 1869 zu diesem Thema als das Stadtgestaltungs­programm der folgenden Jahrzehnte betrachtet werden kann. Die Nachwelt kennt Reitter in erster Linie aufgrund seines 1865 publizierten Ringkanalplanes (siehe den Beitrag über Ladedämme), obwohl er eigentlich der Stadtplaner war, von dessen Vorstellungen die meisten verwirklicht wurden und dessen Spur die Struktur der Stadt bis heute bewahrt. Die Denkschrift beruht auf der ersten Erkenntnis, dass die Pester Stadtstruktur von ihren Gegebenheiten zum anular-radialen System prädestiniert ist. Aufgrund der hier festgelegten Konzeption wurde das Ringstraßensystem verwirklicht: die die Innenstadt und die Leopoldstadt umgrenzende Kleinring­straße und der Großring, der die Vorstädte durchgequert und verbindet und der im Großen und Ganzen der Linie des von Reitter entworfenen Ringkanals folgte. Die nächste Generation erschuf die äußere Ringstraße, weil bis zum 20. Jahrhundert durch den Ausbau mehrerer, mit diesen parallelen, aber nicht unverkürzten (also nicht von der Donau bis zur Donau reichenden) Straßen ein spinnengewebeähnliches konzentrisches Straßennetz zustande gekommen war. Der größte Teil der radialen, speichenähnlichen Straßen war bereits gegeben, wie z. B. die Einfallstraßenabschnitte von Norden, Osten, Südosten und Süden. In diesem Rhythmus fehlte ein Element, das nordöstliche. In dieser Richtung lag die größte Grünfläche der Stadt, das Stadtwäldchen, dessen Verbindung mit den aufgrund des Staubs und der stickigen Luft belasteten Stadtteilen Innen­­und Leopoldstadt auch gesundheitliche Gründe geboten. Die hier geplante Radialstraße war aber mehr als Hauptstraße und Luftkanal; sie wurde zur repräsentativen Avenue Budapests, das Städtebausymbol der ganzen Periode. Obwohl die erste Voraussetzung zur Verwirklichung der Pläne die Verbindung der zwei Städte war, beschäftigte sich Reitter nur mit einer Stadt, mit Pest. Ofen betreffend wurde 1868 ein Plan von dem dortigen Oberingenieur, Lipót Varásdy, ausgearbeitet. Auf dem unbebauten Gebiet südlich vom Gellért-Berg stellte er einen völlig neuen Stadtteil vor, mit ebenmäßigem - schachbrettartigem bzw. in einem alternativen Plan konzentrischem -

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