Ausstellungskatalog „Revolution 1848”
Róbert Hermann: Die Revolution zweier Hauptstädte - Wien und Pest
Ausstellung 3. März - 31. August 1998 Beteiligung an den Staatsschulden bereits nicht mehr aus, und die ungarischen Politiker hielten sich bis April 1849 daran. Die österreichische Regierung erklärte bereits Ende Juni ihre Bereitschaft, ihre Neutralität in der Streitigkeit Ungarn-Kroatien aufzukündigen, und zeigte sich nach den Siegen Radetzky s Ende Juli in Italien immer weniger bereit zu einer Übereinkunft jeglicher Art. Am 12. August kehrte auch der Herrscher nach Wien zurück. Am 28. August reisten Batthyány und Deák nach Wien, um sich über die Absichten der österreichischen Regierung Klarheit zu verschaffen. Als schlagende Antwort auf die Verhandlungsangebote der ungarischen Regierung galt das von der österreichischen Regierung nach Budapest gesandte Staatsdokument vom 27 August, das die Abschaffung der selbständigen ungarischen Ministerien für Finanz-, Militär- bzw, Handelswesen forderte. Am 4. September entschied das ungarische Abgeordnetenhaus, eme 100-köpfige Delegation zum Herrscher zu entsenden und ihn darum zu bitten, nach Buda zu kommen, „um semen eigenen Thron und die ungarische Verfassung beizubehalten”. Nach langem Tauziehen empfing der Herrscher die Delegation am 9. September. Der Leiter der Abordnung, Dénes Pázmándy, sprach vom gefährdeten Zustand des Landes und ersuchte Ferdinand V, die vom ungarischen Landtag angenommenen Gesetzesvorschläge über Soldatenstellung und die Emmission von Banknoten zu sanktionieren. Der König gab der Delegation nichtssagende Antworten und versprach, die vorgelegten Gesetzesvorschläge zu prüfen. Es bedeutete nicht allzuviel Gutes, daß die Wener Zeitung gerade an diesem Tag em Manuskript des Herrschers Ferdinand V. vom 4. September publizierte, in dem er den früher seiner Würde als Banus enthobenen Josip Jellacic wieder in diese Würde zurückversetzte Die Truppen des kroatischen Banus Jellacic brachen am 11. September in Transdanubien ein und es schien, als wäre es das Ende des unabhängigen Ungarn. An diesem Tag trat die Regierung wegen des Fiaskos der Wiener Reise zurück, und Lajos Batthyány organisierte die Landesverteidigung ab dem nächsten Tag als geschäftsführender Ministerpräsident. Der ungarische Landtag unternahm noch emen letzten Versuch, um dem immer mehr drohenden ungarisch-österreichischen Zusammenstoß vorzubeugen. Am 15. September entschied er darüber, eine Delegation zum österreichischen Reichstag zu entsenden und die Abgeordneten von der Notwendigkeit eines politischen Richtungswechsels der österreichischen Regierung zu überzeugen versuchen. Der Reichstag setzte sich in einer ganztägigen Diskussion mit der Frage auseinander, ob die ungarische Delegation empfangen werden sollte. Die Gegner eines Empfanges bezogen sich neben der Hausregel, die den Empfang von Delegationen auf der Plenarsitzung nicht ermöglichte, auf die das Reich unterminierenden Bestrebungen der Ungarn und die Unterdrückung der nationalen Minderheiten m Ungarn, und zogen die Legitimität des ungarischen Landtags in Zweifel. Jene, die für den Empfang der Delegation argumentierten, beriefen sich hingegen auf die außerordentliche Situation und darauf, daß die Legitimität des österreichischen Reichstages - der auch selbst als ein Ergebnis der Revolution zustande gekommen war - genauso angezweifelt werden konnte, wie die der Ungarn, und daß nach dem Angriff des kroatischen Banus Jellacic das gesamte Reich von der Gefahr eines Bürgerkrieges bedroht wäre. Letzten Endes lehnte der Reichstag den Empfang der ungarischen Delegation ab. Die ungarische Seite mußte also ihr Recht auf die Verfassungsmäßigkeit alleine verteidigen. Die politische Unsicherheit wurdejedoch dadurch gemildert, daß die Kräfte der Versöhnung auch in Wien die Oberhand zu bekommen schienen. Am 25. September wurde Feldmarschalleutnant Graf Ferenc Lamberg vom Herrscher zum königlichen Kommissar und zum Oberkommandanten aller in Ungarn befindlichen bewaffneten Kräfte ernannt. Batthyány hegte die Hoffnung, daß Lamberg Jellacic aufhalten würde. Da er so unterrichtet wurde, daß der Feldmarschalleutnant ins Lager zu gehen vorhatte, eilte er selbst dorthin, um die Ernennung Lambergs gegenzuzeichnen. Der ernannte königliche Kommissar jedoch reiste in die Hauptstadt, wo er am 28 September auf der Schiffsbrücke - nachdem in Abwesenheit Batthyánvs seine Entsendung auf den Vorschlag von Kossuth vom Landtag als gesetzwidrig erklärt worden war - der aufgebrachten Menschenmenge zum Opfer fiel. Der gewaltsame Tod Lambergs lieferte die Rechtsgrundlage zu einem offenen Auftritt gegen Ungam. Die Armee von Jellacic wurde durch die ungarischen Truppen am 29. September bei Pákozd aufgehalten. Der Banus schloß ein Waffenstillstandsabkommen ab und marschierte in Richtung Westen Er bereitete sich auf einen erneuten Angriff vor und hielt daher bei Moson an. Hier wollte er die Ver©