Ausstellungskatalog „Revolution 1848”

Róbert Hermann: Die Revolution zweier Hauptstädte - Wien und Pest

Ausstellung 3. März -31. August 1998 Stärkung von Oberungam und Wien abvvarten. In­zwischen akzeptierte der Monarch den Rücktritt Batthyánys vom Posten des Ministerpräsidenten und ernannte Jellacic m einem königlichen Manu­skript mit dem Datum vom 3. Oktober, das aller­dings erst am 4. Oktober herausgegeben wurde, zum kömglichen bevollmächtigten Kommissar und lö­ste gleichzeitig den ungarischen Landtag auf. Die Ungarn drohende Gefahr wurde erneut vom Wie­ner Volk abgewandt- Der eifrige Förderer von Jellacic, der österreichische Knegsmmister Latour, wollte am 6. Oktober ein Grenadierbataillon in das Lager des Banus entsenden. Das Volk verhinderte jedoch dessen Abmarsch und das Bataillon trat selbst an die Seite der Aufständischen über. Es brach emeut eine Revolution aus, der auch Latour zum Opfer fiel. So blieb Jellacic ohne Stütze und verließ daher das Land. Die Revolution in Wien kam zum bestmöglichen Zeitpunkt, denn sie legte die „Himzentrale” der sich entfaltenden militäri­schen Gegenrevolution für Wochen lahm. Die „Mitglieder” wußten auch so, was zu tun war. General Windisch-Grätz, Kommandant der k.k Hauptkräfte, begann Mitte Oktober, Wien zu um­zingeln. Die an der Leitha plötzlich innehaltende ungarische Hauptarmee zögerte aus militärischen und politischen Gründen gleicherweise, der revo­lutionären Kaiserstadt zu helfen. Die ungarische Seite versuchte noch, die Ereignisse in gesetzlichem Rahmen zu halten. Sie wartete zunächst einmal auf eine offizielle Bittstellung um Hilfe vom österrei­chischen Reichstag, dann von dessen Kommission, schließlich wenigstens vom Wiener Stadtrat. Windisch-Grätz wollte nach seiner Ankunft mit den Ungam verhandeln. Die Wiener Revolution und die ungarische Armee waren natürliche Verbündete; Verbündete, die sich am liebsten dennoch mit ih­rem natürlichen Gegner zu Lasten des anderen ge­einigt hätten. Die Wiener politischen Kräfte be­fürchteten eine ungarische Hilfeleistung - aus un­terschiedlichen Gründen. Die Ungam freuten sich aufrichtig über die Ereignisse am 6. Oktober, wa­ren jedoch nicht erfreut über den Abgang des Herr­schers aus Wien. Keiner von ihnen wollte die Stär­ke der durch das Herrscherhaus gebotenen Legiti­mation verlieren. Über diese Stärke verfugte jedoch der gemeinsame Gegner. Am 30. Oktober schlugen die Truppen von Windisch- Grätz den ungarischen Angriff bei Schwechat über­legen zurück. Die zu dieser Zeit bereits kapitulier­te Stadt Wien machte noch eine letzte Geste den Ungarn gegenüber. Auf die Nachricht des Vorsto­ßes der ungarischen Armee griffen die Aufständi­schen emeut zur Waffe und setzten sich gegen die in die Stadt einmarschierenden k k.Truppen ein. Damit wurde es Windisch-Grätz unmöglich ge­macht, die niedergeschlagene ungarische Armee zu verfolgen. Die Drangsalierung der unterjochten „re­bellischen” Hauptstadt nahm nun anderthalb Mo­nate m Anspruch. Gerade diese eineinhalb Monate waren dafür erforderlich, daß eine neuorganisierte reguläre ungarische Armee dem Angriff der k.k. Truppen gegen Ungam entgegensehen konnte. Die „Zusammenarbeit” der beiden Hauptstädte funk­tionierte also bis Ende Oktober 1848 gut. Solange die Batthyäny-Regierung die Macht in Ungam fest in der Hand hielt, konnten sich auch die Kräfte des Absolutismus nicht gegen Wien einsetzen. Und die Bewegungen in Wien verhalf der ungarischen Sei­te von Zeit zu Zeit dazu, über die Krisensituatio­nen Herr zu werden. Ende Oktober 1848 schien diese Zusammenarbeit zu Ende gewesen zu sem. Wien fiel, und der ungarische Freiheitskampf war später nicht mehr stark genug, um die politischen Tendenzen der Kronländer umzukehren. Mehr noch, im August 1849 überrollte der siegreiche Ab­solutismus auch Ungarn. Die Zusammenarbeit brachte jedoch ihre Früchte in historischen Perspek­tiven. Denn der Ausgleich 1867 - eine verspätete Folge von 1848/49 - machte die Verfassungsmä­ßigkeit nicht nur in Ungam, sondern auch in Öster­reich zur Grundlage des politischen Systems. So ging die Aussage Kossuths vom 3. März 1848 in Erfüllung: „Es ist meine innigste Überzeugung, daß die Zukunft der Dynastie von der Verschmel­zung verschiedener Völker der Monarchie zu ei­ner Seele und einem Herzen abhange. Diese Ver­einigung kann aber nur die allgemeine Konstitutionalität, mit Respectirung der verschie­denen Nationalitäten, bewerkstelligen." ©

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