Peter der Große in Wien - Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv
ZAR PETER I. UND DIE GROSSE GESANDTSCHAFT IN ÖSTERREICH (1698)
Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv - „Peter der Große in Wien“ 7 ZAR PETER I. UND DIE GROSSE GESANDTSCHAFT IN ÖSTERREICH (1698) VON S. R. DOLGOWALeiterin der Abteilung für die Forschung (Moskau) Es ist das Russische Staatsarchiv alter Quellen, in welchem die umfangreichsten und wertvollsten Archivbestände über die Große Gesandtschaft Peters I. in die europäischen Länder, darunter auch nach Österreich, verwahrt werden. Es sind Instruktionen für die Gesandten, Aufstellungen von Kosten, wie Auslagen einzelner Diplomaten, Rechnungsbücher, Weisungen betreffend die Organisation, Beförderung und Versorgung der Gesandtschaft, Reisejournal Peters I., oder Schreiben des Zaren aus Wien über das Geschehen in der österreichischen Hauptstadt. Die Reise der Gesandtschaft von Dresden nach Wien ist im Reisejournal beschrieben. Der feierliche Einzug in Wien fand am 16. Juni 1698 statt. Das Eintreffen der Gesandtschaft füllte die Straßen mit Neugierigen und wurde „von der Menge zu Fuß und vom Adel in Kaleschen“ genau verfolgt. Am Stadttor schloß sich den Gesandten die Militärwache an. In Wien trat Peter I. in einer neuen Eigenschaft auf. Hielt er sich noch in Amsterdam bei diplomatischen Verhandlungen formell im Hintergrund, hatte er in Wien die Mission beim kaiserlichen Hofe persönlich übernommen und nahm Fühlung mit dem österreichischen Kanzler Graf Kinsky auf. Am 19. Juni traf der Zar mit Kaiser Leopold zusammen. Bei dieser Gelegenheit brachte Peter I. seine besondere Hochachtung für den Kaiser zum Ausdruck, wie von allen Diplomaten berichtet wurde. Es war keine leere Geste. In Moskau wurde der Wiener Hof weit höher geschätzt, als jeder andere. Diese Tradition ging auf Großfürsten Vassilij III. zurück, dem Kaiser Maximilian I. bekanntlich die Ehre erwiesen hatte, ihn mit „Cäsar“ anzusprechen. Alles, was Peter in Wien zu unternehmen versuchte, wurde von der Absicht getragen, Wien vom Abschluß eines vorzeitigen Friedens mit den Türken abzubringen. Ohne also zuerst die Audienz seiner Gesandten durch den Kaiser abzuwarten, versuchte er, die Verhandlungen auf inoffiziellem Wege einzuleiten, worüber diplomatischen Berichten ebenfalls viel Interessantes entnommen werden kann. So stattete er z. B. am 24. Juni einen Besuch der Kaiserin Eleonore und Prinzessinnen ab. Am 28. Juni traf er den Thronfolger. Am 25. Juni machte sich der Zar mit der schriftlichen Antwort auf Bedingungen, von welchen der Abschluß eines Vertrages mit den Türken abhängig gemacht wurde, vertraut, und brachte seinen Wunsch zum Ausdruck, vom Grafen Kinsky näher aufgeklärt zu werden. Interessanterweise wird Peter I. in diplomatischen Quellen, weil er inkognito reiste, jedes Mal anders genannt - meistens Zehnerscharführer, manchmal „der einzig Erste“. Die Depesche, welche ihm seine Regierung zukommen ließ, scheint seinen Entschluß, mit der Pforte alleine zu verhandeln, bekräftigt zu haben, obgleich er sich gezwungen sah, seine Teilnahme am Kongreß zuzusagen. Übersetzung aus dem Russischen durch Mag. Hana Keller, Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik.