Peter der Große in Wien - Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv

ZUM GELEIT

Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv - „Peter der Große in Wien“ 6 zu sehen waren.'* Einige Tage danach wird Peter in seinem Brief an A. Vinius berichten, daß tau­sende Herren und Damen bei ihm zu Gast waren.13 Um dem Zaren eine ganz besondere Ehre zu erweisen, gab der Kaiser am 21. Juli in der Favorita ein großes Kostümfest - eine sogenannte „Wirtschaft“, eine damals sehr beliebte Art von Unterhal­tung. Die ganze Hofgesellschaft kam in buntesten National- und Volkstrachten. Der Kaiser war als Wirt, die Kaiserin als Wirtin kostümiert, der Graf Mansfeld und Prinzessin von Mompelgard als „Moskowitter“ verkleidet. Peter wählte die Tracht eines friesländischen Bauern und seine Beglei­terin, die Hofdame Johanna von Thurn spielte die Rolle seiner friesischen Gattin. Auch Prinz Eu­gen nahm am Kostümfest teil. Während seines Aufenthalts besichtigte Peter in Wien alles, was sehenswert war und unternahm Ausflüge nach Schönbrunn, Laxenburg und Baden. Am 18. Juli begab sich der Zar nach Preßburg und studierte in der neuen Werft die österreichischen „Türkenschiffe“. Auf seiner Rückreise nach Wien stattete er dem Fürsten Paul Eszterhäzy auf Schloß Kittsee einen Besuch ab, worauf ein im Keller des Schlosses zurückgebliebener zerbrochener Krug mit dem russischen Wappen hinweist.20 i Am 27. Juli trafen in Wien Volodimir Borsoj und Stepan Volkov mit kostbaren Fellen und Geschen­ken aus der Schatzkammer des russischen Zaren ein. Einen Tag danach, am 28. Juli, fand die offi­zielle Audienz in der Favorita statt.21 Die politischen Verhandlungen liefen die ganze Zeit parallel mit dem Unterhaltungsprogramm. Die Russen forderten die weitere Fortsetzung des Krieges bis zur Abtrennung der Festung Keré an Rußland. Der Kaiser erklärte sich bereit, in den Friedensverhandlungen für die russische Forde­rung einzutreten, wies aber darauf hin, daß die Türken nicht bereit sein würden, etwas aufzuge­ben, was sie nicht verloren hatten. Er empfahl den Russen, während der Verhandlungen zu versu­chen, die Festung zu erobern. Es war klar, daß die politische Lage völlig verändert war. In den fol­genden persönlichen Begegnungen mit Kaiser Leopold I. überzeugte sich Peter, daß die heraufzie­henden Auseinandersetzungen um das spanische Erbe die Wiener Politik bereits vollständig in ih­ren Bann gezogen hatten. Während des Aufenthaltes in Wien mußte Peter feststellen, daß der Kaiser nach den Siegen des Prinzen Eugen bei Zenta (11. September 1697) an einem raschen Frie­densschluß mit der Pforte interessiert war. Nur die neue europäische Mächtekonstellation bot Möglichkeiten, ein anderes Ziel der russischen Außenpolitik in Angriff zu nehmen. Der Zar zog die Konsequenzen daraus und führte eine außenpolitische Kehrtwendung durch. Er wandte sich damit einer anderen traditionellen Richtung zu, die nicht der Expansion im Süden den Vorrang gab, sondern der Sicherung der Handelswege nach Westen. Am 29. Juli 1698 nahm Peter die Nachricht von einem erneutem Aufstand der Strelitzen zum Anlaß und reiste früher als geplant von Wien nach Moskau ab. J. Schwarz, Die kaiserliche Sommerresidenz Favorita auf der Wieden in Wien 1615-1746, Wien-Prag 1898, S. 42; HHStA, Zeremonialprotokoll, Bd. 5, fol. 427v.; Vgl.: HHStA, Ältere Zeremonialakten, Karton 18, Diarium, fol. 20v. 19 Pisma i bumagi Petra Velikogo. Bd. I, St. Peterburg 1887, N 248. 2U A. Mais, Der Kellerfund von Kittsee. Kittsee 1981, S. 26 f. HHStA, Zeremonialprotokoll, Bd. 5, fol. 444r-451r.

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