Peter der Große in Wien - Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv

ZUM GELEIT

Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv - „Peter der Große in Wien“ 2 PETER DER GROSSE UND WIEN VON ISKRA SCHWARCZ (WIEN) Die „Große Gesandtschaft“ überschritt die Grenze Rußlands Ende März 1697. Das war die erste Auslandsreise eines russischen Zaren. Sie erregte großes Aufsehen und wurde zur europäischen Sensation. Die Gesandtschaft vertrat ein Land, das zu jener Zeit noch relativ unbekannt war und vorwiegend negativ dargestellt wurde. Das traditionelle Stereotyp von wilden, gewalttätigen Moskowiter, der für seine Nachbarn eine Bedrohung war, prägte die abendländischen Vorstellun­gen und die Kultur und Kunst des Moskauer Reiches galten gleichwohl eher als unverständlich und ungewöhnlich denn als künstlerisch wertvoll. Dieser Staat war aber am Ende des XVII. Jahr­hunderts im Begriff, sich zu einer Großmacht ersten Ranges zu entwickeln und damit zu einem Faktor zu werden, den die westeuropäischen Politiker nolens volens in ihr Kalkül einbeziehen mußten.1 Bereits seit 1686 gehörte Rußland zusammen mit Polen, dem Heiligen Römischen Reich und Venedig der gegen die Türken gerichteten „Heiligen Liga“ an und befand sich mit dem Os- manischen Reich im Kriegszustand. Nach dem Sieg von Azov (1696) bemühte sich Rußland, ein noch intensiveres europäisches Bündnis gegen die Türken ins Leben zu rufen. Der Zar setzte auf persönliche Begegnungen mit den christlichen Herrschern und plante eine Reise in den Westen. Am 6. Dezember 1696 wurde die Ernennung der Gesandtschaft bekanntgemacht und als Zweck genannt:2 „die Bestätigung der alten Freundschaft und Liebe, Angelegenheiten, die der ganzen Christenheit gemeinsam sind, Schwächung der Feinde des Kreuzes - des türkischen Sultans, des Krim-Chans und aller muselmanischen Horden“ Zum Ersten Gesandten wurde der gebürtige Genfer Franz Lefort ernannt, General und Admiral, Statthalter von Novgorod. Ihm zur Seite standen der im diplomatischen Dienst erfahrene Bojar Fe­dor Alekseevic Golovin, General und Kriegskommissar, Statthalter von Sibirien und der Dumnyj D’jak Prokofij Bogdanovic Voznicyn, Statthalter von Bolchov. Der Zar reiste inkognito und wurde in den Listen der s. g. Volontäre als desjatnik (Zehnerschaftsführer) Pjotr Michajlov, geführt. We­gen der offiziellen Fiktion, daß der Zar weiterhin in Moskau residiere, bestand in Rußland das Verbot, über die Reise zu berichten. Doch das Inkognito war schwer zu bewahren und bereits in seinem Brief vom 28.3.1697, schrieb der kaiserliche Agent in Moskau, Otto Anton Pleyer nach Wien: „Sonsten ist in abwesenheit deß Czaren wenig zu berichten weilen er sich in person unter der gesandtschafft befindet.“3 Bei der Abreise zählte die Große Gesandtschaft, mit dem Gefolge von Bediensteten, Übersetzern, der Leibgarde, etc. mehr als 250 Personen. Die erste Station war Riga. Von hier aus sollte die Reise­route durch Kurland und Deutschland nach Wien, Venedig und Rom und weiter nach Holland, England und Dänemark fortgesetzt werden. Der Zar eilte nach Wien, um Kaiser Leopold I. per­1 M. Hueck, „Der wilde Moscowit“. Zum Bild Rußlands und der Russen in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts. In: L. Kopelew (Hrsg.), Russen und Rußland aus deutschen Sicht 9.-17. Jahrhundert. Bd. 1, München 1985, S. 289-340, hier S. 292. 2 Zitiert nach R. Wittram, Peter I.. Czar und Kaiser. Bd. 1, Göttingen 1964, S. 131.

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