Der Beamte – Franz Grillparzer
Einleitung
I EINLEITUNG Uber den Dichter, den Seher, schließlich auch den Menschen Grillparzer ist zu Beginn dieses Jahres, in dem sich sein Todestag zum 100. Male jährt, vieles gesagt worden, was mit Befriedigung, aber auch mit Unbehagen aufgenommen wurde. Mag sein Bild als Künstler und Mensch, seine von Widersprüchen durchpflügte Seelenlandschaft, die er in seinen Selbstzeug- nissen gar nicht zu beschönigen versuchte, uns Heutigen immer noch Rätsel aufgeben, so kann die kleine Auswahl von Akten aus seiner Beamtenlaufbahn vielleicht doch eine verläßlichere Grundlage zur Beurteilung seiner Persönlichkeit gewinnen lassen. Von solcher Warte aus betrachtet, erscheint Grillparzer doch als ein Anderer, wenn freilich auch hier die Züge des Unsteten sichtbar werden, etwa, wenn er sich in gewissen Abständen zu verändern trachtete, weil er die Amtsgeschäfte nicht immer mit seinen Neigungen in Einklang zu bringen vermochte. Völlige Ausgeglichenheit aber spricht aus jenen Akten, in denen er später, als Archivdirektor, Stellungnahmen zu Angelegenheiten seines Faches, etwa zu damals noch sehr schwer zu erlangenden Benützungsbewilligungen abgeben mußte * oder in Personalfragen seiner Untergebenen seine Meinung zu äußern hatte. Hier begegnet man Grillparzer als verständnisvollem Mann, der die Vorzüge seiner Mitmenschen achtete, man begegnet ihm als mitfühlenden Vorgesetzten, der seine Untergebenen -mochten sie ihm anfangs das Leben auch nicht leicht gemacht