Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 22. (Budapest, 2003)
Éva CSEREY: Nachahmungen von Nürnberger Renaissanceofenkacheln
ÉVA CSEREY NACHAHMUNGEN VON NÜRNBERGER RENAISSANCEOFENKACHELN Die Keramiksammlung des Kunstgewerbemuseums in Budapest wurde seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durch zahlreiche Ofenkacheln, Öfen aus Deutschland bereichert. Der eine oder andere Kunstgegenstand aus dem 17. - 19. Jahrhundert ist sogar von unikalem Wert. Es gibt aber hier auch in nicht geringer Zahl Stücke, die zwar nicht als einmalige Rarität bezeichnet werden können, aber dennoch das Interesse der Experten auf sich lenken. In dieser Studie geht es um derartige Stücke, um einige Ofenkacheln im Stil der Neorenaissance. Die Neorenaissance als Stilrichtung erlangte innerhalb der verschiedenen Regionen Mitteleuropas besonders in Deutschland Bedeutung. Beginnend in den 1870er Jahren drängte sie den weit verbreiteten - ebenfalls dem Historismus zugeordneten - neogotischen Stil in den Hintergrund, löste diesen dann ab und erlangte auf der denkwürdigen Ausstellung des deutschen „Handwerkes" in München im Jahre 1876 einen durchschlagenden Erfolg.' Die dort ausgestellten, Kunstgegenstände des Handwerks sorgten für Aufsehen, sie lenkten die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Lebensform zur Zeit der Renaissance, und das bedeutete zugleich auch das Bestreben nach einer Erneuerung des alten deutschen Wohnhauses, der Wohnungseinrichtung. Diese Richtung wurde von zahlreichen Pubikationen unterstützt. Am populärsten war die von Georg Hirth seit 1881 kontinuierlich herausgegebene Serie reich illustrierter Bücher, die sich mit den Innenräumen und der Einrichtung des traditionellen deutschen Wohnhauses befaßten. 2 Diese eigenartige historisierende Anschauung brachte das Sammeln von alten Gebrauchs- und Ziergegenständen mit sich bzw. die Anfertigung von Kopien derselben, was noch durch die verhältnismäßig geringe Anzahl der immer weniger und teurer werdenden, schwer zu erwerbenden alten Gegenstände gefördert wurde. 3 Als Vorbild für die Nachahmungen dienten zeitgenössische Einrichtungs- und Ausrüstungsgegenstände aus den Sälen und Räumlichkeiten von Burgen und Schlösser sowie aus den Räumen alter städtischer Patrizierhäuser. Auch die Einrichtung der Räume in den Wohnungen des Großbürgertums paßte sich dieser neuen Stilrichtung an, und das kommt unter anderen auch in der Form und Verzierung der Kachelöfen zum Ausdruck. Zur Herstellung von Nachahmungen alter Tonwaren, Kachelöfen entstanden überall in Deutschland Werkstätten. Eine der bedeutendsten Zentren dieses Handwerkes war Nürnberg, diese in der deutschen Geschichte, in der nationalen Vergangenheit eine so überaus wichtige Rolle innehabende Stadt. Die Veröffentlichungen der Münchener Ausstellung von 1876 heben besonders die originalgetreuen Nachahmungen der Firma Fleischmann sowie die Werkstatt Theodor Lunz, die ähnliche Produkte herstellte, hervor. 4 Nicht nur diese, auch die Werkstatt von Johann Heinrich Riessner und die von J. von Schwarz stellten ebenfalls in großer Zahl sogenannte altdeutsche Öfen her. 5 Diese sowohl im Aufbau als auch in der Verzierung den alten Typ Ofen bewahrenden Kachelöfen waren selbst noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts allgemein beliebt, wie das auch aus mehreren erhaltengebliebenen bebilderten Preisverzeichnissen hervorgeht. 6