Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 20. (Budapest, 2001)

Attila SZEMÁN: Eine bergmännische Geduldflasche in der Sammlung für Keramik und Glas des Kunstgewerbemusems Budapest

handelt es sich um ein herausragend schön gearbeitetes Stück. Die Bergmannsfiguren sind gewissermaßen uniformisiert. Die Beinstellung der Gestalten folgt demselben Muster, das rechte Bein ist im Knie gebeugt, das linke ist ausgestreckt. Die Armstellung unterscheidet sich bereits, dem­gemäß, welches Werkzeug oder Gerät gehalten wird. Die Gesichter sind wieder uniformisiert, die gleichförmigen Nasen und kräftigen Kinne, das bart- und schnurrbartlose Gesicht mit den Gesundheit andeutenden roten Flecken sind gleich. Die Münder sind alle übereinstimmend rot, Augen und Augenbrauen schwarz angege­ben. Das braune Haar ist in allen Fällen lang und nicht geflochten, sondern fällt unter der Mütze frei auf den Nacken. Die Maße der Figuren sind nicht gleich, ihre Höhe variiert von 2,5 bis 5,5 cm. Die Füße der Figuren der beiden unteren Stockwerke wurden nicht geschnitzt, sondern enden in mit Erz­pulver überzogenen Sohlen wie bei Bleisolda­ten. Auf dem dritten Stockwerk wurden auch die Schuhe der Gestalten ausgearbeitet, und sie stehen auf rot bemalten Holzsohlen. Der Kleidungsschnitt ist gleich, aber mit der Bemalung wurde eine gewisse Variabilität er­reicht. Allgemein tragen sie oben offene schwarze Bergmannskittel mit Goldknöpfen. Darunter ist immer das weiße Hemd zu sehen, außerdem tragen sie rote Kniehose, weiße Kniestrümpfe, fallweise schwarze Knieleder (Knieschützer) und Schuhe. Weiße Bergmannskittel und weiße Kniehose kommen öfters vor und in einem Fall auch eine grüne Kniehose. Eine lange rote Hose, ohne schwarze Stiefel, trägt nur der den Hund schiebende Bergmann. Da er halb noch im Stollenmund steht, verdankt er diese Be­malung vermutlich nur seiner Verborgenheit. Die Schachthüte sind alle grün und flach. Die Arschleder sind schwarz und eckig. Die Kittel werfen in der Längsrichtung Falten. Nur auf dem obersten Stockwerk trifft man zwei Hüttenleute an. Dieser Beruf bildete im 18. Jahrhundert eindeutig noch einen Bestand­teil des Bergbaues, weshalb auch die Kleidung der Hüttenleute ähnlich ist. Sie banden dasselbe Arschleder vom als Schürze um. Auch ihr fal­tenwerfender Kittel ist vom selben Schnitt, ebenso wie die braune Kniehose mit seitlichem Streifen und die schwarzen Schuhe. Anderer­seits unterscheidet sich von den Bergmanns Schachthüte ihr breitrandiger Hut, der ebenfalls dem Arbeitsschutz diente. Dieser Hut kommt schon auf den Figuren, die auf den Tafeln des Rosenauer (Rozsnyó, Roznava, heute Slowa­kei) St. Anna-Flügelaltar von 1513 dargestellt sind, und die neuzeitlichen Martinstahlwerker wurden auch ähnlich abgebildet. Dieser Hut ähnelt allerdings dem auch im historischen un­garischen Oberland verbreiteten breitkrempigen Hut, weshalb man ihn heute in ungarischer Mun­dart als „Tótkalap" nennt. Die in der Flasche dargestellte Kleidung weist keinesfalls auf Natio­nalitäten, sondern nur auf Arbeitsbereiche hin. Auf mehreren Stücken aus dem 18. Jahr­hundert kommt es vor, daß die Gesteine und Mineralien numeriert werden. Es gibt Forscher, die für möglich halten, daß zu den Flaschen auch eine Beschreibung gehört haben kann, in der die einzelnen Stücke unter Angabe ihrer Fundorte genau bestimmt wurden. 10 Diese Hy­pothese halte ich nicht für richtig. Denn es ist wenig wahrscheinlich, daß die Geduldflaschen von Individuen mit schulischer und wissen­schaftlicher Bildung geschaffen wurden. Aus den Grundrissen geht hervor, daß die Nummern eine Reihenfolge angeben. Offensichtlich ste­hen sie mit der Herstellungstechnik der Fla­schen in Zusammenhang. Denn die Einrichtung mußte vorher außerhalb der Flasche zusam­mengestellt und dann, auseinander genommen, in der Glasflasche untergebracht sowie am endgültigen Platz befestigt werden. Die Nume­rierung half bei der erneuten genauen Zusam­menstellung. Die nächste Parallele der Geduldflasche des Kunstgewerbemuseums befindet sich im Salz­burger Museum Carolino Augusteum. Diese Flasche wird aufgrund der Jahreszahl auf den Papierstückchen in ihr auf 1751 datiert. 11 Ein gleichfalls sehr nahestehendes Stück ist der intakt gebliebene innere Aufbau einer zer­brochenen Flasche von 1757. 12 Von letzterem fehlen selbstverständlich einige Elemente. In einer anderen Flasche ähnlich sonderbarer

Next

/
Oldalképek
Tartalom