Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 20. (Budapest, 2001)
Attila SZEMÁN: Eine bergmännische Geduldflasche in der Sammlung für Keramik und Glas des Kunstgewerbemusems Budapest
Form (quadratischer Querschnitt, sehr kurzer Hals) ist auch der Aufbau des Bergwerkmodells so ähnlich, daß wir denselben Schöpfer annehmen müssen. Beide sind dreistöckig und mit gleich zusammengestellter Konstruktion. Die Tragelemente entsprechen dem Typ A 1 von Fitz-Huber, 13 nur daß die in der zugehörigen Bemerkung fungierende Bergkonsultation auf dem obersten Stockwerk keines Stückes zu finden ist. Identisch sind die rot bemalten bzw. mit grauem Erzstaub überzogenen Holzbauteile, und auch der Aufbau der einzelnen Stockwerke entspricht einander. Die Numerierung der Mineralien und solche Seltenheiten wie z. B. der Zepterquarz finden sich gleichfalls in der Flasche von 1751. Unten kommt der den ungarischen Hund schiebende Bergmann in allen dreien vor, in identischer Stellung. Zwar fehlt in der inneren Konstruktion der zerbrochenen Flasche der Hund selbst, aber der Bergmann steht in derselben den Hund fassenden Haltung, und auch seine Kleidung ist identisch. Diese Gestalt ist in allen drei Fällen - unterschiedlich von der Mehrheit der Figuren - mit einem weißen Kittel, grüner Mütze und langer roter Hose bekleidet, aber ohne Stiefel. In allen drei Flaschen gibt es an der rechten Seite des Hundes die Kratze mit genau ausgearbeiteter Form, wenn auch bei der zerbrochenen Flasche an anderer Stelle des Aufbaus. Das ist aber gewiß das Ergebnis eines nach Zerstörung der Flasche eingetreten Durcheinanders bzw. ungenauer Wiederherstellung. Identisch sind im zweiten Stockwerk die rot bemalten Haspeln mit den Hasplem und den Eimern in beiden Stockwerken, und auch der Treibherd und Schmelzofen im obersten Stockwerk sind in gleicher Reihenfolge zu sehen. Auf dem Stück von 1751 sind auch der vom stehende Hüttenmann mit Bergtrog und der gleichfalls einen Bergtrog tragende Bergmann identisch, während auf dem beschädigten Stück von 1757 der Hüttenmann an anderer Stelle steht. Das kann deshalb nicht ursprünglich sein, weil es dem dargestellten Arbeitsprozeß nicht entspricht. Unter den heute bekannten Geduldflaschen aus Ungarn stammt die älteste von 1744, ist also nur ein Jahr älter als die in der Sammlung des Kunstgewerbemuseums. Vergleicht man ihren Aufbau und die Figuren der Bergleute, wird eindeutig, daß sie jemand anderes hergestellt hat. Die zwei folgenden und mit verschiedenen Jahreszahlen genau datierten Exemplare dagegen haben völlig identischen Aufbau und Anordnung, und auch die Figuren ähneln einander in der Form sehr. Ein Unterschied zeigt sich allein bei den Mineralien. Um völlig identische Stücke kann es sich ohnehin nicht handeln, und eine noch größere Übereinstimmung wäre bereits verdachterweckend irreal. Auch ihre Jahreszahlen 1745, 1751, 1757 liegen nahe beieinander, sie überbrücken einen Zeitraum von zwölf Jahren. Wahrscheinlich zu machen ist in allen drei Fällen auch die Herkunft von Schemnitz. Die Gesteine bzw. Mineralien sind sehr abwechslungsreich, in solcher Zahl pflegen sie in einer Geduldflasche nicht vorzukommen. Sie sprechen aber nicht gegen Schemnitz. Vergleicht man alles miteinander, ist festzustellen, daß sie von einer Hand geschaffen wurden. Und das wiederum ist bei den Geduldflaschen des 18. Jahrhunderts ein bisher beispiellos glücklicher Umstand. DIE BERGBAUGESCHICHTLICHE BEDEUTUNG DER DARSTELLUNGEN Auf dem untersten Stockwerk des Bergwerks ist eindeutig ein genau wiedergegebener „ungarischer" Hund zu sehen (Zeichnung 2). Dieser Typ entstand an der Wende des 17. zum 18. Jahrhundert, und eine seiner ersten Darstellungen erschien in Marsiglis 1726 in Amsterdam herausgegebener Arbeit. 14 Sie kommt auf dem Kupferstich von den Windschachter Bergwerken vor, der als Ergebnis seiner Studienreise von 1693-94 geschaffen wurde. Das Wesen des ungarischen Hundes ist das größere Radpaar im Schwerpunkt des Hundes, das diesem Transportmittel Wendigkeit und Schnelligkeit verleiht. Er hat keinen Leitnagel, und dementsprechend besteht seine Bahn auch aus einfachen Holzbrettern. Der bis dahin verwendete „deutsche" Hund bewegte sich dank vier gleichförmigen Rädern, hatte seinen Schwer-