Vadas József (szerk.): Ars Decorativa 10. (Budapest, 1991)
Joachim Szvetnik (1927-1988)
Reifeprüfung in der Tasche an die Hochschule kam, erst klar, wie viele Kenntnisse er zu erwerben hat. Die Mangelhaftigkeit seiner Bildung, seiner literarischen Kenntnisse und seines theoretischen Wissens, die ihn ja unterschwellig auch bisher gequält hatte, wird ihm auf einmal bewusst, doch sie trägt auch dazu bei, dass er die ihm bevorstehenden Aufgaben auch viel klarer sieht. Mit zähem Fleiss beginnt er die Fachliteratur zu studieren, wird zu einem regelmässigen Bibliotheksbesucher und führt immer häufiger Konsultationen mit den Fachleuten des Museums für Kunstgewerbe und des Ungarischen Nationalmuseums. Dabei bedeuten ihm die Ratschläge des Experten des Nationalmuseums, Sándor Mihalik, des berühmten Fachmannes der Goldschmiedekunst alter Zeiten die wertvollste Hilfe. Die umfassende Kenntnis der Meisternamen und des Quellenmaterials führtnicht nur zu einem profunden Wissen, sondern ermöglicht ihm, sich unter den verschiedenen Stilrichtungen zurechtzufinden. Mihalik lenkt die Aufmerksamkeit Szvetniks als erster auf jene alten Publikationen - Ausstellungskataloge und Abhandlungen -, in denen der EsterházySchatz besprochen wird und die noch Abbildungen der Kunstwerke in unversehrtem Zustand vor dem Jahr 1945 enthalten. Somit tut sich vor seinen Augen die seltsame, manchmal auch verworrene Geschichte der einzelnen Gegenstände auf und zeichnet sich die einmalige kulturgeschnichtliche Bedeutung der einstigen Esterházy-Sammlung ab. Zum Rang der Sammlung tragen zweifelsohne die berühmtesten Kunstwerke bei, jene Werke des Nürnberger Künstlers Ludwig Krug (um 1488/ 1490-1532) und des ebenfalls in Nürnberg arbeitenden Hans Petzolt (1551-1633) sowie der Augsburger Goldschmiededynastie Drentwett im 17. Jahrhundert, die zu Recht zu den Spitzenleistungen dieser Gattung in Europa gezählt werden können. Zugleich ist dieses Kunstwerk-Ensemble ein in Ungarn allein dastehendes und auch in europäischer Hinsicht zu den besten zu zählendes Dokument des Mäzenatentums und der Sammlertätigkeit des Hochadels in der Spätrenaissance und im Barock. Es wäre eine engstirnige und einseitige Auffassung, diese Sammlung lediglich als Requisiten der pompösen Pracht einer den Habsburgern untertänigst ergebenen hochadeligen Familie zu betrachten. Dieser Schatz war nämlich - wie auch sonstige ähnliche Sammlungen der Zeit - der spektakuläre und wirksame Ausdruck der gewichtvollen Macht und Würde des Hochadels, Mittel, Symbol und Verkörperung der Repräsentation dieser Gesellschaftsschicht. Es ist urkundlich belegt, dass im Ungarn des 17. Jahrhunderts zahlreiche solche Schatzkammern existiert haben. In den späteren Jahrhunderten wurden sie aber infolge der stürmischen historischen Ereignisse zerstreut, die meisten Werke vernichtet, viele von ihnen kamen ins Ausland, wo ihr Aufbewahrungsort unbekannt ist. Diesem Schicksal konnte allein der EsterházySchatz entgehen ; alle diese Gegenstände so die Tradition - sind mit hervorragenden Gestalten der ungarischen Geschichte verbunden. Eine Erklärung dafür geben die Angaben und die Ereignisse der Familiengeschichte, vor allem die Sammlertätigkeit des Gründers der Forchtensteinschen später herzoglichen - Linie der Familie, Miklós Esterházy (1582-1645), der das Vermögen der Familie zusammentrug und später mit Erfolg vermehrte, doch ebensogut die glücklichen Eheschliessungen seiner Nachfolger. Er selbst wird von einem unbemittelten jungen Adeligen in fast kaum mehr als zehn Jahren der Palatin des Landes (1625), mithin erster Würdenträger Ungarns, und parallel zu dieser glanzvollen politischen Karriere wird der Esterházy-Schatz immer imposanter und wertvoller. Diesen Reichtum ermöglichte ihm vor allem seine zweite Ehe; 1624 wird er vom Erzbischof von Esztergom Péter Pázmány selbst mit der Witwe Imre Thurzós, Krisztina Nyáry (1598-1621) getraut. Auf diese Weise gelangte der überwiegende Teil des märchenhaften Thurzó-Vermögens